Gemeinden sollen Daten der Infizierten erhalten

„In den Sozialen Netzwerken wird oft schon heftig diskutiert, und der Bürgermeister weiß offiziell noch gar nichts davon", klagte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl in der Vorwoche im NÖN-Interview. Er berichtete von dem Problem, das zahlreiche Bürgermeister des Landes beschäftigt. Sie kritisieren, dass sie keine offiziellen Daten über die Infizierten in ihren Gemeinden erhalten. Um dieses Problem zu lösen, führte Riedl Gespräche mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Justizministerin Alma Zadic. Nationalrats-Präsident Wolfgang Sobotka kündigte gegenüber der NÖN in der Vorwoche an, dass aktuell geprüft werde, ob es einer Gesetzesänderung bedarf. Die soll es jetzt geben.
In seiner Sitzung am Freitag wird der Nationalrat das dritte Covid-19-Paket beschließen. Damit sollen auch die Weichen dafür gestellt werden, dass die Bürgermeister künftig die Daten der Infizierten erhalten.
Warum das aus der Sicht eines Bürgermeisters notwendig ist, zeigt das Beispiel der Gemeinde Ardagger. Der 3.500-Seelen-Ort im Bezirk Amstetten ist einer der Corona-Hotspots Niederösterreichs. Bisher gab es in Ardagger 36 Covid-19-Fälle. Über 250 Menschen - der Ortschef miteingeschlossen - standen gleichzeitig unter Quarantäne. An Infos über die Fall-Zahlen in seiner Gemeinde kam Bürgermeister Johannes Pressl aber nur über Umwege. „In einer kleinen Gemeinde erfährt man das", erzählt er aus der Praxis. Leichter gegangen wäre es jedoch mit offiziellen Zahlen.
Seit Kurzem werden nun die Fall-Zahlen täglich an die Gemeinden übermittelt. Wer genau infiziert ist, wissen die Bürgermeister bisher aber nicht. Genau das soll sich mit dem Nationalratsbeschluss ändern.
„Information kann Angst und Aufregung nehmen“
„Das ist für die Gemeinden wichtig - einerseits in ihrer Funktion als Sanitätsbehörde, andererseits aber auch, weil gezielte Information den Menschen Angst und Aufregung nehmen kann", weiß Pressl. In einer kleinen Gemeinde entstünden schnell Gerüchte. Hätten die Bürgermeister von Anfang an offiziell erfahren, wer tatsächlich infiziert ist, hätten sie Stigmatisierungen entgegenwirken können. "Natürlich im Rahmen des Amtsgeheimnisses und unter Berücksichtigung des Personenschutzes", betont Pressl.
Gemeinden könnten Behörden bei Erkrankten-Statistik helfen
Außerdem könnten die Gemeinden mit offiziellen Daten über die Infizierten helfen, ist der Ortschef überzeugt. Einerseits den erkrankten Bürgern - etwa durch konkretes Nachfragen, Erledigungen oder nähere Erklärungen in dieser psychisch belastenden Situation. Andererseits auch der Landesgesundheitsbehörde, die seit Wochen auf Hochtouren arbeitet. "Als Gemeinde könnte man etwa der Behörde zuarbeiten, in dem man die Infizierten periodisch kontaktiert. Also jeden Tag anrufen und neben der Nachfrage wie´s geht, auch gleich einfache Daten über den Gesundheitszustand der erkrankten Personen für die BH erheben. Diese wiederum wären für eine verfeinerte Einschätzung der Pandemie-Entwicklung für die Statistik der Behörde wichtig", glaubt Pressl, der hier noch großes Potenzial für bessere Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Landesbehörden sieht.
Dass auch die Bürger enorm dankbar sind über Informationen von der Gemeinde, habe Pressl in den vergangenen Wochen laufend erfahren. "Das ist für viele Menschen natürlich deshalb wichtig, damit sie die eigene Situation in der Krise besser einschätzen können“, sagt er.