„Denkzettelwahl“

So wie die Landtagswahl 2018 nicht der alleinige Erfolg von Johanna Mikl-Leitner, sondern des türkisen Projekts von Sebastian Kurz war, ist diese Niederlage nicht alleinige Schuld der Landeshauptfrau.
Die ÖVP Niederösterreich hatte drei grundlegende Probleme in diesem Wahlkampf:
- Wahltermin: Mikl-Leitner hat den großen Fehler gemacht, die Wahl nicht in den September so wie Günther Platter in Tirol vorzuverlegen. Zu diesem Zeitpunkt hatten Teuerung und Energiekrise noch nicht den Höhepunkt erreicht, die Asyldebatte war erst im Anlaufen und es gab kein ORF NÖ-Thema.
- Bundespartei: Aufgrund der personellen Verbindungen zwischen der Bundes- und der Landespartei war eine Distanzierung von der Lichtenfelsgasse und der türkisen Vergangenheit nicht möglich.
- Missverständnis Asyl & Integration: Sebastian Kurz hat es Kraft seiner Popularität und Positionierung geschafft, blauen Themenfelder zu besetzen. Seinen Nachfolger:innen gelingt das nicht mehr. Der Schmied heißt wieder FPÖ. Mit der Themensetzung im Wahlkampf betrieb man das Geschäft des Mitbewerbs.
Die Wahlmotive der ÖVP zeigen ganz klar die thematische Austrocknung der Partei: Stammwähler (in NÖ noch hoch) geben den Ton an. Einzig die Landeshauptfrau hat gezogen.
Die FPÖ Wählermotive sind dagegen klar strukturiert: Asyl, Abstrafung der (korrupten) ÖVP und Bekämpfung der Teuerung. Wahlkampftechnisch ein glattes „Sehr gut“.
Ganz das Gegenteil die SPÖ: Im Gegensatz zur FPÖ, kommt das Thema „Kampf gegen Teuerung“ nicht explizit vor. Zwar gilt man als soziale Partei, das ist aber das Pflichtprogramm. „Der rote Hanni“ war hingegen kein Wahlmotive. Eine Themenverfehlung.
Die Wahlmotive pro NEOS sind klassisch: Anti-Korruption, Bildung, frischer Wind.
Ebenso sind die Wahlmotive der Grünen Wählerschaft positioniert: Klimaschutz und alles was dazu gehört. Gut, dass man eine so klare DNA hat. Aber man sieht, es ist für eine größere Mobilisierung zu wenig.
Die Motive der Nichtwähler tragen eine ganz klare Handschrift: Frust. Das zeigen die ersten drei Motive eindeutig.
Dass Johanna Mikl-Leitner nach der Wahl Landeshauptfrau bleiben soll, egal wie die Wahl ausgeht, gilt für die Wähler nicht mehr als ausgemacht: Zwar votieren 47% dafür, aber 39% dagegen. Eine breite Unterstützung sieht anders aus.
Als Nachfolger kann sich eine relative Mehrheit Udo Landbauer vorstellen. Eine herbe Abfuhr für die SPÖ und Franz Schnabl.
Bei den Koalitionswünschen innerhalb der Proporzregierung bleibt man konservativ: ÖVP und SPÖ. Da finden sich fast alle Wähler – außer den Blauen.
Trotz aller ÖVP-Probleme wünschen sich nur wenige Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll zurück. Am ehesten die ÖVP-Wähler. Ein Warnsignal für die ÖVP.