Im Kampf gegen den Ärztemangel

„Es gibt keine jungen Ärzte, die uns vertreten“, erzählt Ulrich Busch, Landarzt in Großkrut. „Es gibt keine Nachfolger.“ Immer mehr Systeme blockieren die Arbeit. Die Honorierung sei nicht kostendeckend, die Leistungen nicht mehr adäquat. Es gebe keine passenden Kooperationsmodelle fürs Land. Es gebe keine verlässlichen Daten, wie viele Menschen Diabetes, wie viele Bluthochdruck haben. Zwar könnten Hausärzte 90 Prozent der Probleme, mit denen Patienten kommen, lösen. Aber sie dürfen vieles nicht. „Ich kann in meiner Praxis zwar die Chemotherapie durchführen. Die Salbe gegen den Nagelpilz darf ich wiederum nicht verschreiben.“
„Die Kollegen laufend schreiend davon“, so der Landarzt mit Lehrpraxis. Weil sie mit Themen konfrontiert werden, die sie in ihrer Ausbildung nicht kennen gelernt haben. „Das System ist aus dem Ruder gelaufen.“
NEOS: Facharzt für Allgemeinmedizin
Für NEOS-Gesundheitssprecherin Edith Kollermann liegt die Lösung in fünf Vorschlägen. Zum einen soll die wohnortnahe Primärversorgung ausgebaut und gesetzlich verankert werden. Des weiteren sollen dazu auch Mittel aus dem Spitalsbereich verschoben werden. Denn: „Jeder Handgriff im Spital kostet vier Mal so viel wie im niedergelassenen Bereich.“ Und: Es soll die Finanzierung aus einer Hand geben, und zwar aus der Hand der Krankenkassen.
Hausärzte sollen zudem entlastet werden, in dem manche Tätigkeiten von Pflegekräften oder Apotheken übernommen werden. Es soll künftig die Ausbildung zum „Facharzt für Allgemeinmedizin“ geben. Weiters wird ein einheitlicher Leistungskatalog gefordert.
SPÖ: Termingarantie und Landarzt-Stipendien
Einen Ausbau der Primärversorgung will auch die SPÖ. Aus ihrer Sicht muss der Ärztemangel bekämpft, die Kinderbetreuung ausgebaut und der öffentliche Verkehr ausgebaut werden, um den ländlichen Raum zu stärken und eine weitere Abwanderungen zu vermeiden. „Österreichweit sind 200.000 Menschen ohne wohnortnahen Hausarzt“, so die SP-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Die nächste Spitalsambulanz zwanzig, dreißig Kilometer entfernt. „Das macht vor allem den älteren Menschen Angst, die oft nicht nur eine Erkrankung haben.“ Vor allem, im Winter bei Schnee, wenn man schnell beim Arzt sein müsste.
Wie die NEOS geht auch die SPÖ davon aus, dass die große Menge an Ärzten, die bald ins Pensionsalter kommen, ein Problem werden wird. Wobei schon jetzt Allgemeinmediziner, Zahnärzte und Fachärzte fehlen. Ein weiteres Problem: Von den 135 Bereitschaftssprengeln in NÖ waren etwa am ersten September-Wochenende 33 bis 39 unbesetzt. Um die Situation zu verbessern setzt die SPÖ daher auf mehr Primärversorgung, mehr Kassenvertragsstellen und etwa auch auf Stipendien, mit denen Medizinstudenten während des Studiums unterstützt werden, die sich danach für fünf Jahre verpflichten, sich in ihrem Bundesland niederzulassen. Um die Wartezeiten zu verkürzen, soll die Gesundheitshotline 1450 künftig auch Termine koordinieren, wie eine Terminvermittlungszentrale. Das ist die SPÖ-Termingarantie.
„Es geht um Infrastruktur an Schulen, Kindergärten, Ärzten, Bankomaten und Arbeitsplätzen“, so SPÖ-NÖ-Landesparteivorsitzender Franz Schnabl. Auch wie man arbeitet, hat übrigens Auswirkungen auf den ländlichen Raum. „Wer 14 Stunden arbeitet und pendelt, hat keine Freizeit“, so Rudolf Silvan, NÖ Landesspitzenkandidaten für die Nationalratswahl. Er kann nicht ins Wirtshaus gehen, seine sozialen Kontakte nicht pflegen, nicht im Heimatort einkaufen usw.
Stärkung von Hausärzten und Kinderärzten
Als Basis für weitere Bemühungen sieht SP-Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig die brandneue Einigung von NÖ Gebietskrankenkasse und Ärztekammer für NÖ bei den Honorarverhandlungen.
„Es ist ein innovativer Abschluss und stärkt das Gesundheitssystem in Niederösterreich“, betont NÖGKK-Obmann Gerhard Hutter, der mit dieser Einigung ein Zeichen gegen den Ärztemangel setzen will.
Worauf man sich konkret geeinigt hat? Für 2018 gibt es für alle Fachrichtungen eine Steigerung von 2 Prozent, die Allgemeinmedizin erhält um 3,71 Prozent mehr, die Kinder- und Jugendmedizin wird um 10,23 Prozent erhöht. 2019 macht das Plus für alle Fachrichtungen 2,61 Prozent aus. Hausärztinnen und Hausärzte erhalten um 4,8 Prozent höhere Honorare, Kinderärztinnen und Kinderärzte um 14,81 Prozent.
Neu ist übrigens, dass die Fachbereiche Neurologie und Psychiatrie getrennt werden. Was die Honorarordnung betrifft wie auch die die Stellenplanung. Geplant ist, hier die Zahl der Kassenstellen in beiden Fächern in den kommenden Jahren zu erhöhen, um so eine steigende Zahl an Patientinnen und Patienten gut versorgen zu können.