Landsleute wollen mehr digitale Angebote beim Arzt

Erstellt am 12. April 2023 | 07:00
Lesezeit: 4 Min
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Rezepte per E-Mail und Online-Buchungen von Arztterminen: VieleLandsleute wünschen sich mehr digitales Angebot im Gesundheitssystem.
Foto: Shutterstocksmolaw
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E-Rezept, Online-Terminbuchung, telefonische Krankschreibung und Co.: Patienten wünschen sich mehr solcher Angebote. Vorteile sehen darin auch Medizin-Experten.

37 Prozent der Landsleute halten das österreichische Gesundheitssystem für veraltet. Das zeigt eine von Marketagent durchgeführte Umfrage im Auftrag des Technologie-Unternehmens Cisco.

Rund 66 Prozent der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher vermissen Service-Angebote, die es in der Covid-Zeit bereits gab. Dazu zählt die telefonische Krankschreibung, die in der Pandemie eingeführt, aber wieder beendet wurde. Als Vorteil wird dabei erachtet, dass man krank nicht vor die Tür gehen muss. Ebenfalls 66 Prozent der Befragten wollen Termine online buchen. Davon erhoffen sie sich kürzere Wartezeiten in Ordinationen.

Im Primärversorgungszentrum St. Pölten gibt es viele diese Angebote bereits. Dass sie auch für Ärzte, nicht nur für Patienten Vorteile bringen, berichtet Mediziner Raphael Pichler. Durch die Möglichkeit Rezepte digital auf die E-Card zu speichern, kommen ein Drittel weniger Patienten in die Ordination. Durch per Videokonferenz abgehaltene Befundbesprechungen oder ärztliche Gespräche wird ebenfalls Zeit gespart, wenngleich gewisse Erkrankungen natürlich persönlichen Kontakt erfordern, betont er. Einschränkungen sieht er bei Terminbuchungen: Die sind für Vorsorgeuntersuchungen online möglich. In akuten Fällen laufe das Terminmanagement über eine Sprechstundenhilfe aber effizienter.

Patientenanwalt pocht auf Daten-Vernetzung für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems

Viele Ärztinnen und Ärzte in NÖ sind vom Online-Buchen von Terminen aber ohnehin weit entfernt, weiß Patientenanwalt Gerald Bachinger. Die Ergebnisse der Studie bestätigen für ihn, was die Patientenanwaltschaft fordere. Aus seiner Sicht geht das Problem jedoch tiefer. Nicht nur bei den Service-Leistungen werden digitale Möglichkeiten zu wenig genutzt. Laut Bachinger ist auch die nicht vorhandene Vernetzung von Gesundheitsdaten ein Problem. In der Corona-Zeit habe sich etwa gezeigt, dass es nicht möglich ist, abzufragen, wie viele Menschen Diabetes, eine Lungen-Erkrankung oder ähnliches haben. Solche Daten müsste es aber geben, um das Gesundheitssystem, bedarfsgerecht weiterentwickeln zu können,. „Das scheitert am politischen Willen.“ Gesetzlich spreche nichts dagegen. Technische Lösungen gebe es ebenfalls.

Was Service-Angebote betrifft, pocht Bachinger auf das Ausweiten des E-Impfpasses. In der Umfrage sprachen sich dafür ebenfalls 60 Prozent der Befragten aus. Dem Patientenanwalt schwebt auch vor, dass alle Menschen per E-Mail oder SMS automatisch an Vorsorgeuntersuchungen oder Impfungen erinnert werden, wie es anlässlich des Weltgesundheitstags vergangene Woche auch die NEOS NÖ forderten.

Die mittlweile wieder abgeschaffte telefonische Krankschreibung könnte, wenn es nach Bachinger und Pichler geht, durchaus ein Comeback feiern. Die Befürchtung, dass viele Menschen sie ausnutzen und sich einfach grundlos krank schreiben könnten, teilen beide nicht. Pichler betont, dass sie ohnehin nur bei gewissen Erkrankungen genutzt werden könnte. „Bei einem Husten muss die Patientin in die Ordination kommen, weil ich sie abhören muss“, erklärt er. Bei Brech-Durchfall könne sie sich den Weg in gewissen Situationen durch die telefonische Krankschreibung jedoch ersparen.

Gerald Bachinger
NÖ-Patientenanwalt Gerald Bachinger erkennt viele Chancen in der Digitalisierung für das Gesundheitssystem.
Foto: NÖ Patientenanwaltschaft

Ärztekammer-Vize fordert mehr Anreize für Ärzte, die digitale Services bieten

Ärztekammer-Vizepräsident Max Wudy meint, dass das Anbieten digitaler Services für Medizinerinnen und Mediziner noch attraktiver gemacht werden müsse. Dass das Honorar mancher Kassen geringer ausfalle wenn Gespräche online stattfinden, ist für ihn unverständlich. Gleichzeitig sieht er etwa beim E-Impfpass oder der E-Rezept weitaus mehr Möglichkeiten, die technisch möglich wären, aber politisch nicht umgesetzt würden.

Über die Studie: Die Studienergebnisse zu Digital Healthcare beruhen auf einer Online-Befragung des Marktforschungsinstituts Marketagent, die von Cisco Österreich in Auftrag gegeben wurde. Im Zeitraum von 23. Februar bis zum 28. Februar haben 1.001 Personen zwischen 14-75 Jahren aus ganz Österreich an der Erhebung teilgenommen. Das Sample ist repräsentativ für die österreichische Bevölkerung und setzt sich aus 21,2 Prozent Personen der Generation Z (1994-2010), 25,2 Prozent Millennials (1980- 1993), 28,1 Prozent Generation X (1965-1979) und 25,6% Baby Boomer zusammen.

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