Andreas Babler: „Müssen die Verkrustung der Partei lösen“

Lockeres Auftreten, Wahlwerbe-Fotos im St. Pauli-Pullover, klare Sprache, dazu regelmäßige Appelle zu einer menschlicheren Asyl-Politik: In der SPÖ gilt der Traiskirchner Bürgermeister Andreas „Andi“ Babler als linker Rebell. Bei der Landtagswahl sicherte er sich mit diesem Image über 21.000 Vorzugsstimmen – und damit die viertmeisten aller Kandidatinnen und Kandidaten. Innerhalb der Landes-SPÖ soll er nun mit einem Reformprozess dafür sorgen, dass die SPÖ wieder erfolgreicher wird. Was dafür nötig ist und was aus seiner Sicht bei der Landtagswahl falsch gelaufen ist, erklärt Babler im Interview.
NÖN: Sie leiten die Reformkommission der SPÖ NÖ. Wo muss sich die Partei verändern?
Babler: Wir müssen die Verkrustung der Partei lösen und wieder zur Bewegung werden. Das Setting des Reformprozesses beschließt der Landesparteivorstand, da will ich noch nicht vorgreifen. Aber es soll auf jeden Fall ein Prozess der Mitbestimmung werden. Wir werden dazu in den nächsten drei Wochen ein Konzept vorlegen. In Traiskirchen haben wir mit so einem Prozess viele junge Leute gewonnen.
Stichwort Traiskirchen: Was wollen Sie von Ihrer Stadtpolitik landesweit einbringen?
Babler: Ich glaube, wir sind in vielen Dingen ein bundesweites Rolemodel, was moderne sozialdemokratische Politik anbelangt. Wir hatten zum Beispiel als erste Gratis-Essen oder -Nachmittagsbetreuungspakete in Kindergärten, für jene, die es brauchen. Und wir zeigen: Man kann mit Humanismus auch Wahlen gewinnen.
Eine Reform hat der Ex-SPÖ-NÖ-Vorsitzende Franz Schnabl auch 2017 schon angekündigt. Was ist nun anders?
Babler: Ich kann mich nicht erinnern, dass es zu diesem Prozess Beschlüsse gegeben hat.
Wie erklären Sie sich den Verlust der SPÖ bei der Landtagswahl – wo doch das Hauptthema, die Teuerung, ein klassisch sozialdemokratisches war.
Babler: Politik hängt nicht nur, aber immer auch an Personen. Das Wichtigste war, dass wir hier schnell entschieden haben, dass sich etwas verändern muss. Das andere müssen wir uns jetzt mühsam zurückerarbeiten. Den Menschen muss wieder klar sein, dass die SPÖ die Partei ist, die auf der Seite der Vielen steht und bei jenen, die es sich nicht einfach richten können. Dass wir mit glaubwürdigen Konzepten punkten können, zeigen wir bei Arbeiterkammer-Wahlen. Ich bin überzeugt, dass wir die SPÖ mit dem neuen Team wieder nach vorne bringen.
Sind Sie enttäuscht, dass Sie diesem neuen Team nur im Bundesrat angehören werden?
Babler: Nein. Das war mein Wunsch. Es ist eine spannende Zeit im Bundesrat, weil die Regierung dort ihre Mehrheit verloren hat. Außerdem ist diese Aufgabe gut mit dem Bürgermeister-Amt vereinbar.
Manche würden Sie gerne an der Spitze der Bundespartei sehen.
Babler: Es ist ehrenhaft, wenn Leute einem das zutrauen. Aber ich bin gerne Bürgermeister. Ich trage die Traiskirchner DNA in mir.
Sie haben in den vergangenen Monaten immer wieder auf die prekäre Situation im Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in Traiskirchen aufmerksam gemacht. Wie ist die Lage jetzt?
Babler: Wir sind immer noch doppelt überbelegt. Zurzeit haben wir immer noch 1.000 Menschen bei einer offiziellen Höchstbelegung von 480. Der Bund negiert die Vereinbarung. Aber jetzt, wo die Wahl vorbei ist, habe ich die Hoffnung, dass wir wieder sachlich darüber reden können.
Was läuft aus Ihrer Sicht in der Migrationspolitik falsch?
Babler: Das kann ich an drei Punkten festmachen. Wir dürfen nie vergessen, dass es hier um Menschen geht. Es bräuchte also mehr Humanismus. Ich bin überzeugt, dass kein Mensch illegal ist. Dann bräuchte es eine Versachlichung der Diskussion. Die Debatte über Grenzzäune müssen wir beenden und bei niedrigen Zahlen dürfen wir nicht immer so einen Bahöl (Anmerkung: Wirbel) machen. Außerdem sollten wir uns überlegen, was es an gezielter Migration braucht, um den Arbeitskräftebedarf decken zu können. Wir werden Migration brauchen – in den Wirtshäusern, der IT und so weiter.