Zwischen ÖVP und SPÖ herrscht dicke Luft

Aktualisiert am 08. März 2023 | 14:03
Lesezeit: 5 Min
NÖ Landtag
Von Harmonie fehlt bei den laufenden Verhandlungen zurzeit jede Spur.
Foto: NÖN
In den Verhandlungen über eine Zusammenarbeit nach der Landtagswahl attestiert die Volkspartei der SPÖ mangelnde "Ernsthaftigkeit". Die SPÖ ortet dagegen fehlendes Bewusstsein in der ÖVP, dass sich etwas ändern müsse. Platzen die Verhandlungen, könnte es in Niederösterreich doch noch eine schwarz-blaue Zusammenarbeit geben.
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Die Verhandlungen über eine Zusammenarbeit in der künftigen Landesregierung sind zuletzt ins Stocken geraten. Zwar wird laufend weiterverhandelt. Von Einigkeit war zuletzt aber keine Spur. Die ÖVP vermisst "Ernsthaftigkeit" der SPÖ in den Verhandlungen. Die wiederum sagt dasselbe über die ÖVP und betont, dass es in der Volkspartei noch kein Bewusstsein darüber gebe, dass ernsthaft verhandelt werden muss.

Die Gespräche sind jetzt in einer entscheidenden Phase angelangt. Das betonte Chefverhandler Jochen Danninger nach dem Austausch am Dienstag, in dem es um Budgetfragen ging. "Ich habe das Gefühl, dass von manchen in der SPÖ versucht wird, den aktuellen Richtungsstreit innerhalb der Bundes-SPÖ nach Niederösterreich zu tragen. Indem sie ganz bewusst unverrückbar Hürden aufbauen, um es sich dann in der Opposition einzurichten", meinte er. Gleichzeitig wird in der ÖVP betont, dass man weiter verhandeln wolle. "Wir hoffen weiter, dass sich die konstruktiven Kräfte der niederösterreichischen Sozialdemokratie durchsetzen, aber derzeit vermissen wir die Ernsthaftigkeit der SPÖ bei den Verhandlungen. Denn zur Umsetzung des SPÖ-Forderungspapiers wäre es notwendig, dass die ÖVP wesentliche Grundprinzipien aufgibt", erklärte Danninger.

Als "Zäsur" wird in den Gesprächen der vergangenen Freitag gesehen. Da hat die SPÖ, wie berichtet, in einer Pressekonferenz sechs Bedingungen für eine mögliche Zusammenarbeit gestellt: Kostenlose Ganztagsbetreuung im Kindergarten, die Ausweitung eines Pilotprojekts zur Job-Garantie für Langzeitarbeitslose auf ganz Niederösterreich, einen Heiz-Preis-Stopp für Haushalte, ein Anstellungsmodell für pflegende Angehörige sowie eine Strukturoffensive für vernachlässigte Regionen. Weiters verlangte der designierte SPÖ-Landesvorsitzende Sven Hergovich ein Demokratiepaket samt Personal- und Budgethoheit für die jeweiligen Regierungsmitglieder in deren Zuständigkeitsbereich.

Nicht nur inhaltlich, auch, was die Kosten der Maßnahmen betrifft, sind sich die Parteien uneinig. Die SPÖ schätzt die Gesamtkosten der geforderten Punkte bis 2028 auf durchschnittlich 392 Millionen Euro pro Jahr. Größter finanzieller Brocken wäre die Ausweitung des Pilotprojekts für Langzeitarbeitslose. Aus Sicht der ÖVP sind diese Maßnahmen "um rund 300 Millionen Euro unterdotiert". 

SPÖ schlug Möglichkeiten zur Gegenfinanzierung ihrer Forderungen vor

Größte Posten für die von den Roten beabsichtigte Gegenfinanzierung mit je durchschnittlich 40 Millionen Euro und mehr jährlich sind die Streichung von Überförderungen, ein Baulandmobilisierungsbeitrag und eine Abgabe auf Übergewinne bei Wind- und Photovoltaik-Anlagen. Weiters soll eine Abgabe für Supermärkte, Fach- und Einkaufszentren außerhalb der Ortskerne eingeführt werden. Zudem würden Land und Gemeinden durch die Ausweitung des Pilotprojekts Ausgaben für Langzeitarbeitslose einsparen, hieß es vonseiten der SPÖ. Insgesamt sollen Vorschläge zur Gegenfinanzierung jährlich im Schnitt rund 179 Millionen Euro einsparen. Forderungen etwa in der Raumplanung oder bei der Anstellung pflegender Angehöriger haben das Burgenland zum Vorbild.

ÖVP sprach sich gegen Abgabe für ungenutztes Bauland aus

Die ÖVP zieht die von der SPÖ vorgerechneten Ausgaben für ihre Maßnahmen in Zweifel. Als Beispiel für eine nicht finanzierbare Maßnahme nannte Danninger die Ausweitung des bisher vom AMS und damit aus Bundesmitteln finanzierten Pilotprojekts "Arbeitsplatzgarantie Marienthal". Laut SPÖ-Angaben würde dies im Endausbau 440 Millionen Euro kosten, derzeit betrage das gesamte Budget des AMS NÖ 220 Millionen Euro. "Bei einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen erhöhen sich die Kosten aber schnell ins Unermessliche", warnte er. "Während die Betriebe überall händeringend um Arbeitskräfte kämpfen, will die SPÖ künstlich Steuergeld-finanzierte Jobs schaffen, anstatt die beinahe 18.000 echten offenen Stellen in den Betrieben zu besetzen." Als ein Grundprinzip der ÖVP wurde der Schutz des Eigentums genannt. "Eine Abgabe für Bauland, nur weil es noch nicht bebaut ist, wird es mit uns nicht geben", betonte Danninger. Zudem werde die Volkspartei "alle Angriffe auf den Wirtschaftsstandort ablehnen, wie die von der SPÖ vorgeschlagene flächendeckende Lkw-Maut auf Landesstraßen".

Heute, Mittwoch, werden die Verhandlungen auf Mitarbeiterebene fortgesetzt, am Donnerstag in großer Runde. Die Zeit drängt: Am 23. März muss sich der neue Landtag konstituieren. Die beiden Parteien müssen also schon bald entscheiden, ob eine Zusammenarbeit möglich ist oder nicht. 

ÖVP führt weiterhin auch mit FPÖ Gespräche

Wenn nicht, wäre die FPÖ der logische Partner der ÖVP. Offen ist hier hingegen noch, wie man in diesem Fall in der FPÖ mit der Ankündigung umgeht, Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau zu wählen. In der Volkspartei betont man, dass man sich weiter laufend in Gesprächen mit den Freiheitlichen befinde. Die Grünen haben nach einem Termin vor einer Woche angekündigt, dass ein neuerliches Zusammentreffen erst nach Abschluss eines schwarz-roten Übereinkommens sinnvoll sei.