Steht dem Land ein Machtwechsel bevor?

ÖVP, SPÖ und FPÖ zeichnen seit Wochen folgendes Bild: Die absolute Mehrheit der ÖVP wird bei der Landtagswahl am 29. Jänner gebrochen. Dann könnten sich Franz Schnabl (SPÖ) oder Udo Landbauer (FPÖ) zum Landeshauptmann wählen lassen und die amtierende Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner vom Thron stoßen. Während SPÖ und FPÖ das als Hoffnungsszenario nutzen, warnt die ÖVP davor. Doch ist das wirklich realistisch?
Theoretisch möglich ist diese Konstellation. Für die Wahl des Landeshauptmannes oder der Landeshauptfrau braucht es nur eine einfache Stimmen-Mehrheit im Landtag. Mit einem dritten Partner an Bord könnten SPÖ und FPÖ die bei den aktuellen Umfrage-Werten fast erreichen. Das würde aber voraussetzen, dass sie sich auf einen Frontmann einigen und ein gemeinsames Programm finden. „Das scheint mir wenig realistisch“, meint Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik. Sie sieht die Erzählung des möglichen bzw. drohenden Machtwechsels von allen Parteien als Strategie, um Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren.

Selbst wenn sich eine Mehrheit im Landtag gegen die ÖVP findet, macht das Proporzsystem einen echten Machtwechsel in NÖ unwahrscheinlich. Es besagt, dass alle Parteien ab einer gewissen Stärke in der Regierung vertreten sind. Die ÖVP hält zurzeit sechs der neun Sitze. Nur, wenn sie unter die 40-Prozent-Marke fällt, ist der Verlust des entscheidenden fünften Mandats möglich, rechnet Praprotnik vor. Dann wäre die ÖVP auf einen echten Koalitionspartner angewiesen.
Für Praprotnik zeigt die Wahl aus diesen Gründen vor allem, dass es Zeit wäre, das Proporzsystem abzuschaffen und eine freie Koalitionsbildung zu ermöglichen. Die meisten anderen Bundesländer haben das bereits getan. In NÖ waren ÖVP, SPÖ und FPÖ bisher dagegen.