Ötscherlifte: Eine Rettung mit Druck und auf Zeit

Erstellt am 10. Dezember 2021 | 18:33
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Ötscher
Foto: Christian Eplinger
8,5 Millionen Euro soll das Paket "Ötscherlifte / Hochkar Bergbahnen" dem Land NÖ und den Steuerzahlern kosten. Nach Übernahme durch die landeseigene ecoplus Alpin wurde beim Sonderlandtag am Donnerstag parteiübergreifend Schultern geklopft - aber auch mit Kritik nicht gespart: an den Management-Fähigkeiten des Landes NÖ, an Kontrollaussetzer der SPÖ und FPÖ in den Aufsichtsräten, fehlenden Gutachten sowie am "Haltbarkeitsdatum der Rettung" - bis kurz nach der Landtagswahl 2023.
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Auf Dringlichkeitsantrag der SPÖ und FPÖ Niederösterreich setzte Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) den Sonderlandtag zum "Erhalt des Skigebietes in Lackenhof am Ötscher" (Bezirk Scheibbs) diesen Donnerstag an. Eigentlich wollten die beiden Parteien mit einer über 19.000 Unterstützer-starken Petition im Gepäck - initiiert von Gamings Bürgermeisterin Renate Rakwetz (SPÖ) - der ÖVP NÖ und dem Land NÖ ordentlich Druck machen, um eine Übernahme der Ötscherlifte GesmbH durch die landeseigene ecoplus Alpin Gesellschaft und temporäre Weiterführung zu erreichen. Das Land NÖ kam ihnen zuvor.

Unter der Federführung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Sportlandesrat Jochen Danninger (ÖVP) einigte sich die Verhandlertruppe rund um die ecoplus Wirtschaftsagentur mit dem Mehrheitseigentümer, der Schröcksnadelgruppe, auf eine Komplettübernahme der Ötscherlifte im Bündel mit den Hochkar Bergbahnen. Die "Rettung der Ötscherlifte" wurde letzten Freitag verkündet.

SPÖ-Samwald: "Wir waren fassungslos"

"Wir waren fassungslos, als uns die Hiobsbotschaft über die Schließung der Ötscherlifte erreichte", sagt Christian Samwald, stv. Klubobmann der SPÖ in seiner Plenarrede im Sonderlandtag. Eine Nicht-Weiterführung aus rein wirtschaftspolitischen Gründen - wie Landesrat Jochen Danninger initial verkündete, sei keine gute Entscheidung, kritisiert Samwald. Da würde kein Hallenbad oder Eislaufplatz errichtet noch betrieben werden. Jetzt gelte es die Region zukunftsfit zu machen und jedenfalls zu erhalten. "Auch die ÖVP NÖ lernt aus ihren Fehlern", so Samwald.

"Für einen Wahlkampf-Gag der ÖVP eignet sich das Skigebiet Lackenhof nicht", sagt Kerstin Suchan-Mayr (SPÖ). 12 Personen hätten mit der Schließung der Ötscherlifte ihren Job verloren, knapp 50 Betrieben wären der wirtschaftliche Boden unter den Füßen weggezogen worden, etliche weitere Betriebe wie Bäckereien, Tankstellen und Lebensmittelhändler wären betroffen gewesen. Suchan-Mayr plädiert in ihrer Rede für einen "Landtag im Land" in Lackenhof. Der Prozess rund um ein Gesamttourismus-Konzept müsse Ende nächstes Jahres jedenfalls abgeschlossen ein - "damit vor der Landtagswahl 2023 feststeht, wohin der Weg führt", so Suchan-Mayr.

Nächtigungen stiegen in NÖ, gingen aber um 41 Prozent in Lackenhof zurück

ÖVP-Landtagsabgeordneter Bernhard Heinreichsberger bezeugte den wirtschaftlichen Druck und den Gästerückgang bei den Ötscherliften. "Während die Nächtigungen in Niederösterreich heuer um 21 Prozent gestiegen sind, sind sie in Lackenhof um 43 Prozent gefallen", so Heinreichsberger. Auch die Lift-Gäste-Zahlen fielen von 150.000 auf 100.000 im Vergleich zum Vorjahr. Da sei schnelles Handeln gefragt gewesen.

Als "Husarenritt auf Messers Schneide" streute Anton Erber (ÖVP) Landeshauptfrau Mikl-Leitner und Sportlandesrat Jochen Danninger Rosen: "Dieses Ergebnis passierte nicht zufällig - da wurde im Hintergrund hart verhandelt", so Erber. Eine Übernahme durch das Land NÖ wäre initial als Minderheitseigentümer rechtlich nicht möglich gewesen. Erst die Verkaufsabsicht der Schröcksnadel-Gruppe hätte diese ermöglicht. Die Skisaison am Ötscher in Lackenhof kann damit am Samstag starten.

Partei- und Klubobmann Udo Landbauer (FPÖ) wolle mit Argusaugen die Entwicklung rund um die Ötscherlifte über den Tag der nächsten Landtagswahl 2023 hinaus beobachten. Um ein nachhaltiges und dauerhaftes Ganzjahresangebot zu gewährleisten, brauche es auch den Skibetrieb im Winter, sagt Landbauer. 

NEOS ortet "Management by Wahlzyklus" 

Als "Management by Wahlzyklus" prangert NEOS-Landessprecherin Indra Collini (NEOS) das Land NÖ und die ÖVP NÖ an. Seit 2014 halte das Land über die ecoplus Alpin 40 Prozent an den Ötscherliften, habe "aber 0 Prozent Zukunftsvisionen entwickelt", so Collini. Das erinnere sehr an das Doppelbudget, das bis zur Landtagswahl 2023 beschlossen wurde, so Collini: "Die vorgelegten Zahlen werden nicht halten, weil notwendige Reformen nicht nachgegangen wird." 

Die nun unter der Federführung der ecoplus Beteiligungsgesellschaft etablierte Taskforce rund um Lackenhof muss "mehr als nur heiße Luft, sondern konkrete Lösungen" erarbeiten. "Die Menschen haben sich das verdient, und zwar nicht nur vor Weihnachten", so Collini.

Kontrollversäumnisse bei den Regierungsparteien

NEOS-FInanzsprecher Helmut Hofer-Gruber ortete Kontroll-Versäumnisse nicht nur bei der ÖVP, sondern auch bei der SPÖ und FPÖ. "Frau Hinterholzer, Herr Hundsmüller, Herr Landbauer - was machen Sie da im Aufsichtsrat? Frühstücken?", fragt Hofer-Gruber ins Plenum in Richtung der genannten Volksvertreter. Das sei "Regionalpolitik auf Zuruf: weder voraussschauend noch verantwortungsbewusst. Das ist ein Armutszeugnis für das Land NÖ". 

Laut Hofer-Gruber sollen in Summe 8,5 Millionen Euro für die Übernahme, den Betrieb inklusive den 3 Millionen Euro an Förderungen durch die ecoplus für das Land NÖ und den Steuerzahler anfallen. Die NEOS wollen in einem Antrag an die Landesregierung eine genaue Beschreibung der Maßnahmen und eine Aufschlüsselung nach Kosten (Kaufpreis, Verschmelzung, Aufrechterhaltung Betrieb) in Erfahrung bringen.

Grüne: Gutachten über Kaufpreis fehlt

Auch die Landessprecherin der Grünen, Helga Krismer, sieht eine Verletzung der Kontrollpflicht bei der SPÖ und FPÖ. "Wo wart ihr als Partner in der Region? Warum hat ihr der ÖVP nicht genau auf die Finger geschaut?, fragt Krismer die zwei Regierungsparteien.

Nachdem im Jahr 2000 die Schröcksnadel-Gruppe bei den Ötscherliften eingestiegen ist, sei bis zur neue Tourismusstrategie im März 2021 wenig beim Land NÖ dazu passiert. "Die Zahlen waren nicht so toll, hat man ja nicht gesagt. War ja 2018 eine Landtagswahl. Jetzt stehen wir hier auf einen Scherbenhaufen", sagt Krismer. 

Laut Krismer sei außerdem im Gesellschaftsvertrag ein Gutachten über den Wert der Anteile vorgesehen - das liege aber nicht vor. "Ich bin keine Raketenwissenschaftlerin beim Lifte bepreisen. Wie real ist der Preis?", will die Landessprecherin der Grünen wissen.