Finanzausgleich: Es geht um Milliarden Euro

Alle fünf Jahre wird der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verhandelt. Heuer ist es wieder so weit – um zwei Jahre später als üblich. Denn Corona-bedingt gilt der 2016 beschlossene Finanzausgleich noch bis Ende 2023. Dann startet der neue Zeitraum.
Darüber, wie künftig die vom Bund eingehobenen Mittel aus dem Steueraufkommen der gemeinschaftlichen Bundesabgaben verteilt werden, ist eine hitzige Debatte entbrannt. Auf der einen Seite: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), der 94 Milliarden Euro zu verteilen hat. Auf der anderen Seite: Länder und Gemeinden. Die Debatte dreht sich letztlich darum, wer die explodierenden Kosten für Gesundheit, Bildung und Pflege tragen muss.

„Die Abgabenerträge müssen so verteilt werden, dass die Gebietskörperschaften ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen können“, legt sich Finanz-Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) fest. Und verweist auf eine WIFO-Studie: Derzufolge sind die Kosten der Länder in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Pflege und Bildung zwischen 2001 und 2019 um 78,2 Prozent gestiegen – beim Bund „nur“ um 55,3 Prozent. Zwei Drittel des Landesbudgets gehen mittlerweile in diese Bereiche. Zu den höheren Ausgaben kommt, dass die Länder durch die – vom Parlament beschlossene – Abschaffung der kalten Progression Steuereinnahmen verlieren. Die von Brunner angebotenen zusätzlichen zwei Milliarden Euro pro Jahr für die Länder würden nicht mal diesen Einnahme-Verlust kompensieren, rechnet Schleritzko vor. Er fordert deshalb einen neuen Verteilungsschlüssel. Denn derzeit gehen nur 20,2 Prozent aller Ertragsanteile an die Länder. Das sind in Niederösterreich pro Jahr etwa 5 Milliarden Euro. Der Löwenanteil von knapp 68 Prozent bleibt beim Bund.
Finanzminister fordert Reformen der Länder
Brunner fordert von den Ländern mehr Reformen. „Der Bund hat Länder und Gemeinden in den letzten Jahren massiv unterstützt, daher geht es diesen Gebietskörperschaften finanziell gut“, kontert er. Die zusätzlich angebotenen Milliarden Euro für Pflege, Gesundheit und Kinderbetreuung seien ein gutes Angebot. Im NÖN-Interview hielt Brunner im Jänner auch fest, dass er sich im Rahmen einer neuen Kompetenzverteilung mehr Steuerhoheit für die Länder vorstellen könne. Auf diese Diskussion lässt sich Niederösterreich im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen nicht ein. Das seien „Themen einer Staatsreform“.

Klar an der Seite der Länder stehen die Städte und Gemeinden. „Der Finanzausgleich ist für alle Gemeinden wichtig“, betont Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl (ÖVP). Er will, dass der Bund in Hinkunft bei der Kinderbetreuung, der Altenpflege und im Gesundheitsbereich eine laufende Mitfinanzierung übernimmt. „Da haben wir Kostensteigerungen, die uns fast erdrücken“, meint Pressl. Die Kostensteigerungen seien vor allem Folge von Vorgaben, die Gemeinden und Städte nicht selbst steuern können – strengere Qualitätskriterien, mehr Dienstleistungen und höhere Personalkosten. Pressl fordert zudem eine klare Trennung von Schulerhaltung und Pädagogik, mehr Geld für ländliche und strukturschwache Gemeinden sowie Zweckzuschüsse, um Gemeinden bei der Energiewende zu unterstützen. Generell müssten Gemeinden immer mehr Aufgaben von Bund und Land übernehmen. Der Gemeindebund fordert deshalb die Anhebung der Gemeindequote von derzeit 12 auf 15 Prozent.

„So zach wie diesmal war es noch nie“, kommentiert Städtebund-Chef Matthias Stadler (SPÖ) die Verhandlungen. Gerade bei Zukunftsaufgaben wie Kinderbetreuung, Klimaschutz und Öffi-Ausbau gebe es beim Bund keine Bewegung. Gelinge keine Einigung, riskiere der Bund letztlich Strafzahlungen. Denn: „Ohne Gemeinden und Länder sind die Klimaziele nicht erreichbar.“
Das erhält Niederösterreich vom Bund
Das Land NÖ erhielt 2021 aus Mitteln des Finanzausgleichs vom Bund knapp fünf Milliarden Euro, davon drei Milliarden Euro aus Ertragsanteilen, 1,5 Milliarden Euro an Kostenübernahmen im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich sowie 493,4 Millionen Euro an Zweckzuschüssen und Finanzzuweisungen.
Die Städte und Gemeinden in NÖ erhielten 2021 vom Bund knapp 2,1 Milliarden Euro, davon 1,9 Milliarden Euro aus Ertragsanteilen sowie 173,3 Millionen Euro an Transferzahlungen (wie Strukturfonds).