Jeder Zweite wünscht sich flexiblere Arbeit

Jeden Freitag ausschlafen, mit der Familie in den Bergen wandern oder entspannt am Badesee einen Frühstückskaffee schlürfen: Davon können die meisten Arbeitnehmer, die 38 Stunden oder länger pro Woche arbeiten, nur träumen. Die Realität sieht oft anders aus. Nach einer 5-Tage-Arbeitswoche sind viele am Freitagabend platt, am Samstag mit Wochenshopping und Besorgungen mit „halb Niederösterreich“ unterwegs und nach kurzer Ruhepause am Sonntag geht das Arbeits-Hamsterrad von vorne los.
Eine Studie von Spectra bestätigte kürzlich den Wunsch nach mehr Freizeit: Jeder Zweite wünscht sich eine gesetzlich verankerte Wahlmöglichkeit zwischen 4- oder 5-Tage-Woche bei unveränderter Gesamtarbeitszeit. Besonders 15- bis 29-Jährige (68 %) und Personen aus Ost-Österreich befürworten diese Wahlmöglichkeit.
Einige Unternehmen in NÖ haben den Trend erkannt und bieten bereits ihren Mitarbeitern diese Wahlfreiheit – mit oder ohne Arbeitszeitverkürzung und Lohnausgleich. Andere Unternehmen haben komplett auf 4-Tage-Woche umgestellt und berichten von Produktionsgewinnen, weniger Krankenständen und vor allem mehr Bewerbungen. 5-Tage-Woche-Verfechter hingegen befürchten bei 10-Stunden-Tagen eine Überlastung durch zu viele Tages-Arbeitsstunden („8 Stunden täglich sind genug“). Außerdem sei nicht jeder Beruf für die 4-Tage-Woche geeignet.
ÖGB will generelle Arbeitszeitverkürzung
Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die niederösterreichische Arbeiterkammer (AKNÖ) befürworten nicht nur eine 4-Tage-Woche, sondern Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn und Gehalt. „Durch die Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich würden die Stundenlöhne erhöht werden und mit ihnen auch der faire Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der gesamten Wertschöpfung“, sagt AKNÖ-Wirtschaftsexperte Jürgen Figerl. Freiwerdende Arbeitsstunden könnten durch neue Arbeitskräfte kompensiert werden. Das würde die Arbeitslosigkeit im Land senken.
Die SPÖ fordert eine staatlich geförderte, freiwillige 4-Tage-Woche mit teilweisem Lohnausgleich. Arbeitnehmer würden demnach bei 20 % weniger Arbeitszeit weiterhin 95 % ihres ursprünglichen Nettogehalts bekommen. Die Kosten für die Arbeitszeitreduktion sollten je zu einem Drittel vom AMS, Arbeitnehmer und Betrieb getragen werden.
Klar gegen eine 4-Tage-Woche mit Lohnausgleich positioniert sich die NÖ-Wirtschaft. „Ein derartiges Modell würde einer Gehaltserhöhung von 20 % entsprechen und das ist für die Betriebe eindeutig nicht finanzierbar“, heißt es aus der Wirtschaftskammer. Das belaste das Staatsbudget. Außerdem könnte ein zusätzlicher, freier Werktag zum Wettbewerbsnachteil in manchen Branchen werden. „Dieses Modell würde den Faktor Arbeit weiter verteuern und in der Produktion verfügbare Arbeitskräfte weiter reduzieren“, heißt es aus der IV-NÖ. Gegen eine 4-Tage-Woche bei Aufrechterhaltung von 40 bzw. 38 Wochenstunden spreche aber nichts, wenn es der Kollektivvertrag der Branche ermöglicht und sie über Betriebs- bzw. individuelle Einzelvereinbarungen fixiert wird.