Energie: EVN schreibt Verlust in zweistelliger Millionenhöhe

Aktualisiert am 21. Februar 2023 | 09:00
Lesezeit: 5 Min
EVN Symbolbild
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Foto: APA/HELMUT FOHRINGER
Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres verbuchte die EVN im Energievertrieb einen Verlust von über 70 Millionen Euro. Grund dafür sei die teure – “auch von der Bundespolitik gewünschte” - Gas- und Strombevorratung für den Winter. Der Konzerngewinn wächst aufgrund hoher Bewertungen auf rund 150 Millionen Euro deutlich an. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll bezichtigte kürzlich die EVN der “Körberlgeld”-Macherei. Mit sinkenden Großhandelspreisen steigt indies die Zahl der Gas- und Strom-Angebote und Marktanbieter wieder - darunter auch ein auf Schadenersatz verurteilter Biliganbieter.
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Energieunternehmen gelten wegen hoher Energiepreise weitläufig als “Krisengewinner”. Zuletzt meldete etwa die teilstaatliche OMV einen Rekordgewinn von 5,1 Milliarden Euro aus ihrem Geschäftsjahr 2022. Eine Milliarde davon sollen via Dividende, Sonderdividende und Steuerabgaben wieder an den Staat zurückfließen. Auch beim Verbund erwartet man einen Gewinn von bis zu zwei Milliarden Euro über das Gesamtjahr 2022.

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EVN-Sprecher Stefan Zach
Foto: EVN/Matejschek

Dass nun der Landesenergieversorger EVN im Energiebereich, konkret die Vertriebsgesellschaft EVN KG, in den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahrs (Oktober bis Dezember 2022) einen Verlust in Höhe von 70 Millionen Euro berichtet, überrascht.

“Mit dem Verkauf von Strom, Gas und Wärme verdient die EVN derzeit kein Geld”, sagt EVN-Sprecher Stefan Zach im Gespräch mit der NÖN.

Der Grund dafür liege in der EVN und “auch von der Bundespolitik gewünschten” betriebenen Energiebevorratung für den Winter. “Wir haben Erdgas, aber auch Strom vorsorglich eingekauft. Und das zu sehr hohen Preisen”, sagt Zach.

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SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll
Foto: Parlamentsdirektion

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll hat in der Vorwoche nach Bekanntwerden von Tariferhöhungen per 1. April – betrifft primär Optima-Garant EVN-Bestandskunden - den Landesenergieversorger einer “Körberlgeld"-Macherei bezichtigt.

Die seit Dezember wirksame Strompreisbremse des Bundes fördert einen Netto-Strompreis bis zu 40 Cent/kWh für die ersten 2.900 Kilowattstunden Verbrauch. Schroll vermutet, dass mehr und mehr Stromanbieter ihre neuen Tarife in Richtung 40 Cent/kWh erhöhen werden, um möglichst in den vollen Genuss der staatlichen Förderung zu kommen. In Deutschland sieht die dortige Strompreisbremse einen Passus vor, der „Preiserhöhungen ohne Not ausschließt“, heißt es von Schroll in einer Aussendung.

Behörden prüfen Verhalten und Preisgestaltung

“Der Vorwurf des Körberlgeldes trifft gar nicht zu und ist sehr unfair”, kontert Zach. Der neuen Preissituation auf den Märkten wolle man natürlich Rechnung tragen. “Wir arbeiten an einem Tarif-Angebot für unsere Stromkunden, bei dem eine längerfristige Kundenbindung preislich abgegolten”, so der EVN-Sprecher. Der Konzern verfolge eine langfristige Einkaufspolitik, um diesen Winter durchgehend faire Preise und Versorgungssicherheit mit Strom und Gas zu gewährleisten.

Ob Energielieferanten ihre Tarife – wie Schroll befürchtet - wettbewerbswidrig erhöhen, um die staatliche Strompreisbremse voll abzuschöpfen, prüfen die beiden Behörden E-Control und BWB. Nach Beschwerden von Strom- und Gaskunden wurde eine Taskforce gegründet, die das Verhalten und Preisgestaltung der Energieunternehmen unter die Lupe nehmen soll. Im Sommer sollen erste Ergebnisse vorliegen. Generell beobachtet die Regulierungsbehörde E-Control laufend die Marktsituation.

Sinkende Großhandelspreise, steigende Zahl der Energieanbieter

Mit sinkenden Großhandelspreisen steigen indies die Zahl der Angebote und Anbieter am Gas- und Strommarkt wieder deutlich an. Laut E-Control gab es im März 2020 noch 134 Strom- und 111-Gasangebote von insgesamt 62 Anbietern. Derzeit gibt es 17 Anbieter mit 53 Strom- und 48 Gas-Angeboten.

Der Großteil der „zurückgekehrten“ Anbieter bezieht Kontingente kurzfristig auf dem wieder günstigeren Spot-Markt und verfolgt grundsätzlich keine Winter-Bevorratung. Darunter ist etwa der Anbieter Maxenergy, der nach VKI-Klage rechtskräftig zu Schadenersatz verurteilt wurde. Der Strom- und Gas-Billiganbieter hat im Vorjahr trotz Preisgarantie aufrechte Verträge mit Kunden gekündigt.

In den letzten Monaten hätten wegen Kündigung ihrer Energielieferverträge über 35.000 Betroffene “in den sicheren Hafen der EVN” zurück gewechselt, sagt Zach. 

EVN-Konzerngewinn steigt aufgrund hoher Bewertungen

Zwar wurde der Konzerngewinn im ersten Quartal mit einem Plus von 83,2 Prozent auf 149,4 Millionen Euro deutlich ausgeweitet, gut ein Drittel davon ist jedoch auf Bewertungseffekte zurückzuführen. Im Energievertrieb verzeichnete das Unternehmen - wie berichtet - einen Verlust von 70,5 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr ist man dennoch zuversichtlich.

Bei in etwa einem Drittel des Konzerngewinns handle es sich um stichtagsbezogene Bewertungen von Kraftwerken oder Bezugs- und Verkaufsverträge, sagte ein Sprecher zur APA. Durch diese Aufwertungen werde ein höherer Gewinn ausgewiesen. Um die Effekte bereinigt lag das Ergebnis weiter über dem Gewinn der Vorjahresperiode, der sich auf 81,5 Millionen Euro belief.

Bedingt durch die hohen Energiepreise im Großhandel sowie höhere Absatzpreise der EVN Wärme stieg der Umsatz in der Berichtsperiode um 30,3 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) erhöhte sich um 39,6 Prozent auf 281,7 Millionen Euro, das Betriebsergebnis (EBIT) stieg um 55,3 Prozent auf 201,1 Millionen. Euro. Ferner kletterte die Nettoverschuldung aufgrund hoher Investitionen in erneuerbare Energien von 1,24 Milliarden auf 1,58 Milliarden Euro.

Für das gesamte Geschäftsjahr 2022/23 erwartet die EVN ein Ergebnis in der Bandbreite von 190 Millionen bis 250 Millionen Euro, was in etwa dem Niveau des Vorjahres entspricht.