Erbsenprotein aus dem Mostviertel als Fleischersatz

Die Einstellung zu veganem Essen hat sich in den letzten Jahren enorm verändert. Handelte es sich früher bei diesen Produkten um einen Nischenmarkt, so kann man heute in jedem Supermarkt vegane Ersatzprodukte erwerben.
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Der absolute Topseller seiner Firma, die er gemeinsam mit Johann Tanzer führt, ist laut dem Lebensmitteltechnologen das mit dem Sial-Innovationspreis 2020 ausgezeichnete „vegini Gehackte roh“. Dieses kam Anfang 2020 auf den Markt. In Geschmack, Struktur und Aussehen sieht es dem echten Faschierten täuschend ähnlich und ist auch genauso universell einsetzbar.
Das Basisprodukt wird durch ein rein physikalisches Verfahren aus Trinkwasser, Erbsenprotein, Erbsenfaser, Kartoffelstärke, Sonnenblumenöl und Salz hergestellt. Für den Geschmack wird es anschließend mit Olivenöl, Tomatenmark, Balsamico-Essig, Kräutern und Gewürzen mariniert.
Die Marke „vegini“ bietet aktuell für den Einzelhandel noch weitere 15 essbare Innovationen. Für die Gastronomie hat die VeggieMeat Gmbh sieben Produkte im Sortiment. Cevapcici, Burger, Bratwurst oder Gehacktes kann man roh oder auch schon gebraten erwerben. Pulled Chunkes (wie geschnetzeltes Fleisch) werden in verschiedenen Varianten gewürzt angeboten (italienisch, mediterran, mit rotem Pfeffer oder mit Gartenkräutern) – um nur einige der vegane Varianten des Unternehmens zu nennen.
Jährlich mehr Interesse an veganen Produkten
Seit der Betriebsgründung im Jahr 2015 hat sich die Nachfrage an den Fleischersatz-Gerichten extrem gesteigert. „2018 konnten wir den Umsatz verdreifachen und 2019 sowie 2020 verdoppeln“, berichtet Gebhart. „vegini“ ist neben Österreich bereits in zahlreichen internationalen Märkten erhältlich. Aktuell forciert die VeggieMeat Gmbh speziell den Vertriebsausbau für den deutschen Einzelhandel. „Unser Vertriebsteam ist sehr erfolgreich international unterwegs. So haben wir auch schon Kunden in der Schweiz, in Skandinavien, im UK, in den USA, in Italien, Spanien und Tschechien“, freut sich der Geschäftsführer.
Gebharts Biografie: Der gebürtige Deutsche wuchs im Fleischhauerbetrieb seiner Eltern auf und führte diesen auch eine Zeitlang. Er studierte Lebensmitteltechnologie in Weihenstephan (ein Stadtteil von Freising in Oberbayern) und arbeitete anschließend als Entwicklungsleiter in einem auf Milchprotein-Produkte spezialisierten Betrieb. Dort entwickelte er Mischungen für vegetarische Aufschnittprodukte zur Anwendung in der Industrie.

„Die Welt der Produkte mit vielen Zusatzstoffen und Allergenen war für mich jedoch nicht der konsequente Schritt in die Zukunft“, erinnert sich der Lebensmitteltechnologe. So begann er, auf selbstständiger Basis ein natürliches Produkt aus Erbsenprotein zu entwickeln. „Die Idee war, Produkte zu erzeugen, die das Tier in der Verwertungskette gänzlich überspringen“, so der Fleischhauer-Sohn. Die Wahl fiel aus mehreren Gründen auf die Erbse. Zum einen wusste Gebhart aufgrund seiner Entwicklungstätigkeit um die positiven Eigenschaften der grünen Hülsenfrucht. Zum anderen war es auch eine strategische Entscheidung: Es gibt schon viele Produkte auf Basis von Soja oder Weizengluten und diese stehen nicht nur wegen ihrer Allergenität in der Kritik.
Erbse ist für Gebhart der Rohstoff der Zukunft
Der geringe Fettanteil der Erbse, im Gegensatz zu Soja, macht sie perfekt für die weitere Verarbeitung, da es keine organischen Lösungsmittel wie Hexan (krebserregend) zur Entfernung des Fettanteils braucht. Diese Gründe und die Tatsache, dass die Erbse eine heimische, an das mitteleuropäische Klima angepasste Pflanze ist, machen sie zum perfekten Rohstoff für die veganen Fleischersatzprodukte. „Wir erleben einen krassen Boom, der aufgrund großer Hersteller und deren enormen Marketingbudgets den Markt belebt“, weiß der innovative Geschäftsmann. „vegini“-Produkte werden laut Gebhart am Markt extrem positiv angenommen und glänzen mit erstklassigen Wiederverkaufsraten. Und die Zukunft? Es ist weiterhin ein massives Wachstum in allen Bereichen geplant!
Eine Studie von AT Kearney (2019) besagt, dass bis 2040 nur mehr 40 Prozent des Fleischverzehres vom getöteten und geschlachteten Tier kommen werden. 25 Prozent des „Fleischanteils“ werden dann aus Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft bestehen, welche wesentlich effektiver und nachhaltiger sind als das Fleischsystem. „Niemand will und wird Fleisch verbieten“, so Gebhart, „jedoch wird es bei der bis 2050 auf circa 10 Milliarden anwachsenden Menschheit Alternativen brauchen, und diese Alternativen werden in Zukunft so normal sein wie unser tägliches Brot.“
Auch in der Gastronomie könne man laut dem Wahlösterreicher den Trend zu fleischloser Kost beobachten. Die Belieferung von Restaurants war von der VeggieMeat Gmbh schon 2020 geplant. Die Firma hatte bereits ein paar Restaurantpartner, bei denen die Produkte sehr gut angkamen. Sobald es wieder möglich sein wird, wollen die beiden Geschäftsführer in diesem Segment eine Roll-out-Markteinführung machen: „Damit in der Gastronomie vegane Vielfalt aus St. Georgen am Ybbsfelde österreichweit genossen werden kann.“ Nach ein bis zwei Jahren soll, so Gebhart, der Umsatzanteil der Gastronomie bei etwa 20 Prozent liegen.