„Lebensumstände haben sich geändert“

Schnupfen, Husten, Atemprobleme, tränende Augen – die Pollensaison hat bereits begonnen. Aber nicht nur mit Allergien müssen viele kämpfen, es scheint so, als würden vermehrt Menschen von Unverträglichkeiten geplagt werden. Die NÖN hat sich bei Medizinerinnen in der Region umgehört, welche Allergie-Arten besonders häufig vorkommen und was hilft.
Dass gerade bei Kindern die Anzahl der allergischen Erkrankungen zunimmt, weiß die Purkersdorfer Kinderärztin Marlies Haslinger. „Aktuell haben ein Drittel aller Kinder eine Form einer allergischen Erkrankung. Tatsächlich steigt die Anzahl an allergieschen Krankheiten weltweit“, weiß die Medizinerin.
Eine Rolle spielen beispielsweise genetische Faktoren. „Allerdings können sie den starken Anstieg alleine nicht erklären. Umweltfaktoren scheinen auch eine große Relevanz zu haben“, vermutet Haslinger. Auch die verbesserte Hygiene, wie man sie heute lebe sowie das Leben in kleineren Familienverbänden und die Ernährung seien Gründe für eine Zunahme der Häufigkeit von allergischen Erkrankungen.
„Neben den klassischen allergischen Erkrankungen, wie allergische Rhinokonjunktivitis - Heuschnupfen – und allergischem Asthma nimmt immer mehr der Bereich der Nahrungsmittelallergien bei Kindern eine große Rolle ein“, berichtet die Purkersdorferin.
Mittlerweile hätten zirka acht bis zehn Prozent eine Nahrungsmittelallergie, wobei das Ausmaß von nur milden Symptomen bis hin zu lebensbedrohlichen Schockzuständen reiche. „Umso mehr kann man sich vorstellen, wie sehr eine solche Erkrankung den Alltag einer Familie beeinträchtigen kann“, meint Haslinger.
Zeitgerechte Diagnose ist besonders wichtig
Im Säuglings- und Kleinkindalter würden Allergien gegen Hühnereiweiß und Kuhmilch im Vordergrund stehen. Im Schulalter sind Nussallergien typisch und mitunter der häufigste Grund für schwere allergische Reaktionen, informiert die Medizinerin. Und fügt auch hinzu, dass Bienen- und Wespengiftallergien oft lebensbedrohlich verlaufen können.
„Unter den drei- bis sechsjährigen Kindern liegt die Erkrankungsrate von Inhalationsallergien noch unter zehn Prozent, welches im Schulalter schon deutlich ansteigt. Und ein Kind mit bereits einem betroffenen Elternteil hat ein deutlich erhöhtes Risiko, selber an einer Allergie zu erkranken“, erklärt Haslinger die Zusammenhänge. Um den Patienten am besten rasch helfen zu können, ist die zeitgerechte Diagnosestellung besonders wichtig.
Im Falle von Heuschnupfen oder allergischem Asthma stehe akut die Therapie mit lokalen und systemisch wirkenden antiallergischen Medikamenten im Vordergrund. „Zur Allergenreduktion gibt es auch einige Maßnahmen, wie Wohnraumsanierung bei Hausstaubmilbenallergie, bei Pollenallergie wird eine regelmäßige Nasenspülung und tägliche Haarwäsche nach Aufenthalt im Freien bei Pollenflug geraten“, so Haslinger.
Im Falle von Nahrungsmittelallergien sei auf eine strenge Nahrungsmittelkarenz zu achten und einer professionellen Schulung der Betroffenen und Angehörigen im Falle einer allergischen Reaktion. Dasselbe gelte für Insektengiftallergiker. „Eine Notfallschulung, um für schwere allergische Reaktionen gewappnet zu sein, ist wichtig“, hält Haslinger fest. Vielen Betroffenen können aber auch alternativmedizinische Methoden helfen, meint die Medizinerin.
Alternativmedizin kann helfen
Dass man mit Homöopathie gute Erfolge erzielt, weiß Karin Tschare-Fehr. Sie behandelt die Menschen klassisch homöopathisch mit Hochpotenzen in Kombination mit Schulmedizin: „Natürlich muss man sich jeden Fall individuell anschauen.“ Auch Tschare-Fehr konnte beobachten, dass Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten zunehmen. Es ist ein multifaktorielles Geschehen, die Ärztin nennt als wichtige Ursachen Umweltverschmutzung und Lebensgewohnheiten, aber auch den Klimawandel, durch den die Pflanzen in Stress geraten und damit die Pollenbelastung steige. „Die psychische Belastung trägt auch dazu bei, um das System an den Rand zu bringen“, weiß die Gablitzerin mit Ordination in Purkersdorf.
Neben Pollen und Nahrungsmittelallergien würden auch Hausstaubmilben-Allergien besonders häufig vorkommen. Mit diesen hat man leider das ganze Jahr zu kämpfen“, weiß Tschare-Fehr.
Auf Komplementärmedizin setzt auch Sandra Leeb. Sie ist Allgemeinmedizinerin mit Praxis für Komplementärmedizin in Wien und außerdem Notärztin in Purkersdorf. Dass Allergien bei den Menschen zunehmen, will sie nicht behaupten. „Meiner Meinung nach gibt es aber mehr Menschen, die sich aufgrund von Allergien auch behandeln lassen“, meint Leeb. Was sie schon beobachten konnte, ist eine Zunahme der Gluten-Unverträglichkeit. „Das könnte möglicherweise an der Hochzüchtung der Getreidesorten liegen“, vermutet die Ärztin.