Vorlesung in Volksschule Fischamend war ein voller Erfolg

Erstellt am 27. März 2023 | 09:00
Lesezeit: 4 Min
Adalbert Melichar "Ein Zug fährt durch die Zeit"
Der "Herr Professor", Adalbert Melichar bei der Präsentation seines neuen Werks "Ein Zug fährt durch die Zeit. Band Eins".
Foto: Mario Pichler, Mario Pichler
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Gestern Nacht präsentierte der „Herr Professor“ Adalbert Melichar den ersten Band seines Werkes „Ein Zug fährt durch die Zeit“ in der Volksschule der Fischa-Stadt. Selbstironie gepaart mit historischen Fakten verliehen der Lesung einen familiären Charakter.

„Wie Sie sehen, spiele ich hier eine tragende Rolle“, scherzte Bürgermeister Thomas Ram (RAM), als er mit einem Stapel zusätzlicher Stühle durch die Aula der Volksschule marschierte. Diese waren auch dringend nötig, da aus den 60 erwarteten Gästen über 100 wurden, welche der Buchpräsentation des Ehrenringträgers der Stadtgemeinde lauschen wollten. „Rückblickend war ich überrascht über den Andrang, da kurzfristig etwa 30 Leute aufgrund von Krankheit abgesagt haben“, resümierte der „Herr Professor“.

In seiner Eröffnungsrede zeigte sich der Stadtchef über den hohen Andrang erfreut: „Die gefüllten Reihen zeigen mir, dass es eine gute Idee war, noch ein Buch zu schreiben“, wobei er in ironischer Weise die Länge der Bibliografie von Melichar unterstrich. Im Zuge dessen richtete er noch persönliche Worte an den 80-jährigen Autor, wobei er die Wichtigkeit seiner Hinterlassenschaft ansprach. Er selbst habe schon als Kind einige Bücher des Veranstalters gelesen. Weiters ließ Ram es sich nicht nehmen, seinem Vorgänger einen Seitenhieb zu verpassen: „Nur einen Fehler muss ich dir vorhalten, Adalbert. Und zwar, dass du 2010 ein Komitee für meinen Wahlkontrahenten gegründet hast“.

Thomas Ram "Ein Zug fährt durch die Zeit"
Bürgermeister Thomas Ram (RAM) bei seiner Eröffnungsrede in der Aula der Volksschule Fischamend.
Foto: Mario Pichler, Mario Pichler

„Wenn sich keiner mehr an uns erinnert, gibt es uns nicht mehr“

Danach übernahm der Star des Abends, Adalbert Melichar, das Mikrofon und gab persönliche Einblicke zur einjährigen Recherchetätigkeit preis: „Ich habe die Zeit gehasst, ich habe den Computer gehasst, ich habe mich gehasst. Dabei muss ich meiner Frau danken, die mir zum einen beim Korrekturlesen geholfen hat und zum anderen die Kraftausdrücke, die aus meinem Büro hallten, ertrug“. Vier bis fünf Stunden verbrachte Melichar dabei täglich mit dem Durchlesen von verschiedenen Tageszeitungen, wobei er sich stets die Sinnhaftigkeit seiner Tätigkeit vor Augen hielt: „Wenn ich die Datei der Zeitung schloss, war mir bewusst, dass diese wahrscheinlich nie wieder abgerufen wird. Und so ist es auch mit den Erinnerungen an uns. Wenn sich keiner mehr an uns erinnert, keine Cloud oder Algorithmus uns wieder ausspuckt, dann gibt es uns nicht mehr. Also greift öfter mal in eine alte Fotobox oder blättert durch ein Album, um eure Lieben weiter Teil der Geschichte sein zu lassen“. Wenn die Recherche dem Autor doch über den Kopf wuchs, griff er auf das Eisenbahngleichnis von Erich Kästner als „Seelenfutter“ zurück, wobei er einen kurzen Abschnitt zitierte.

Wir sitzen alle im gleichen Zug und reisen quer durch die Zeit. Wir sehen hinaus. Wir sahen genug. Wir fahren alle im gleichen Zug und keiner weiß, wie weit. Erich Kästner, Das Einsenbahngleichnis 1931

Adalbert Melichar "Ein Zug fährt durch die Zeit" 1.1
Über 100 Gäste hörten dem Autor Adalbert Melichar aufmerksam zu.
Foto: Mario Pichler, Mario Pichler

Von Donaupiraten bis hin zum geplanten Abriss des Fischa-Turms

Die Lesung dauerte etwa 45 Minuten, wobei Melichar sich an sein Rhetoriktraining hielt: „Ich sage immer, du darfst über alles reden, nur nicht länger als eine Dreiviertelstunde“. In dieser Zeit sprach er über Donaupiraten, die einen Millionencoup in Form von Getreidediebstahl landeten, die Zugehörigkeit Fischamends zum 23. Wiener Gemeindebezirk in der NS-Zeit (auch in seiner Geburtsurkunde so eingetragen) und Besuche verschiedener K und K Bediensteten, deren teils achtsilbigen Titel für so manchen Schenkelklopfer sorgten. Auch politische Gegebenheiten wurden angesprochen. So berichtete der „Herr Professor“ vom Wahlkrimi zwischen den Fischamender Sozialdemokraten und Bauernpartei (später ÖVP). Dieser erstreckte sich auf die Jahre 1921 bis 1924 und zog drei Neuwahlen nach sich, bis die insgesamt vierte und letzte Wahlanfechtung seitens der Sozialdemokraten abgewiesen wurde. Auch wurde vom Abriss des damals äußerst sanierungsbedürftigen Fischa-Turms berichtet. In den Übergängen wurde die Vorstellung durch Mitglieder der Musikschule Donauland unter Direktor Thomas Krampl melodisch untermalt.

Thomas Krampl "Ein Zug fährt durch die Zeit"
Mitglieder der Musikschule Donauland sorgten unter Direktor Thomas Krampl (ganz rechts) für die musikalische Untermalung des Abends.
Foto: Mario Pichler, Mario Pichler

Zum Abschluss konnte man sein erworbenes Buch noch von Melichar unterschreiben lassen: „Ich habe zwei Kugelschreiber mit und da wir in einer Schule sind, sollten sich bei Bedarf noch weitere Schreibutensilien finden lassen“, beruhigte Melichar mit schelmischem Lächeln. Als Ausklang wurde noch zu einem gemütlichen Beisammensein mit Getränken und Verköstigung eingeladen, was die Besucherinnen und Besucher auch dankend annahmen. Die Veranstaltung startete um sechs Uhr Abends, die Letzten gingen um 23 Uhr. Das Werk „Ein Zug fährt durch die Zeit. Band 1“ kann nun in der Stadtbibliothek erworben werden.

Adalbert Melichar "Ein Zug fährt durch die Zeit" 1.2
Der Autor beim signieren seiner Werke. Der Andrang war groß.
Foto: Mario Pichler, Mario Pichler

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