Ex-Parteichef Stockinger: „Ich schütze damit die SPÖ Schwechat“

Erstellt am 11. April 2023 | 06:30
Lesezeit: 4 Min
Ex-SPÖ-Chef David Stockinger bei einer Rede 2022.
Foto: Gerald Burggraf
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Ein ausgegrabenes Foto des nunmehrigen Ex-Parteivorsitzenden in Sowjet-Uniform sorgte für massive Proteste in den Sozialen Netzwerken. Daraufhin erklärte der 38-Jährige am Ostermontag seinen Rücktritt - im NÖN-Exklusivinterview legt David Stockinger seine Sicht der Dinge dar.

Was haben ein Foto einer Nachstellung von militärischen Szenen aus den 1940er-Jahren in Belarus, der Ukraine-Krieg und ein Kommunalpolitiker aus Schwechat miteinander zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts. Im Fall des 2015 ins Amt gewählten Parteivorsitzenden der Braustädter SPÖ, David Stockinger, eine Menge. Denn ein über soziale Medien aufgetauchtes Bild hat nun dafür gesorgt, dass der 39-Jährige seinen Rücktritt von allen politischen Funktionen bekanntgegeben hat.

Das Foto, das einige Jahre vor dem derzeit kolportierten Aufnahmedatum 2019 entstanden sein soll, zeigt Stockinger in einer Uniform des sowjetischen Volkskommissariats für innere Angelegenheiten. Der NKWD, wie die Abkürzung des Innenministeriums lautet, war nicht zuletzt auch für geheimpolizeiliche- und dienstliche Angelegenheiten zuständig. Die Behörde war damit ausführender Arm des Staatsterrors in der Sowjetunion unter Josef Stalin.

„Ich tue niemanden einen Gefallen damit“

Im Zusammenhang mit dem aktuellen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wurde in den vergangenen Tagen ein wahrer Online-Sturm der Entrüstung gegenüber dem Schwechater SPÖ-Chef in Gang gesetzt. Gilt doch Belarus als engster Verbündeter des Putin-Regimes. Stockinger habe daher noch am Sonntag entschieden, in Absprache mit der Landespartei und Bürgermeisterin Karin Baier, umgehend als Parteivorsitzender aber auch Gemeinderat zurückzutreten. Am Ostermontag wurde der Rücktritt öffentlich bekannt. „Ich tue damit niemandem einen Gefallen. Mit dieser persönlichen Entscheidung möchte ich die SPÖ Schwechat schützen und damit die gute Arbeit für Schwechat unbelastet weitergehen kann“, erklärt Stockinger im exklusiven NÖN-Gespräch.

Von der Existenz des Fotos hat er laut eigener Aussage nichts gewusst, Urheber dürfte die staatliche, belarussische Nachrichtenagentur „Belta“ sein. Stockinger beteuert, dass er damals in Weißrussland an einer Gedenkveranstaltung eines Historienvereins sowie einer Nachstellung von militärischen Manövern zum Zweiten Weltkrieg teilgenommen habe. Derartige „Reenactments“ zum Zweiten Weltkrieg, wie der englische Begriff dazu lautet, wären in Osteuropa populär, weiß Stockinger. Aus seinem „tiefen antifaschistischen Bewusstsein“ – die Nazis ermordeten zwischen 1941 bis 1944 etwa 1,7 Millionen Belarussen – heraus, habe er als symbolischer Akt mitgemacht. Darin sehe er nichts strafrechtlich Relevantes. Noch dazu sei auch die Sowjetzunion maßgeblich an der Befreiung Österreichs beteiligt gewesen.

Stadt-SPÖ vorerst im Kollektiv geführt

In der Schwechater SPÖ sorgt der plötzliche Rücktritt Stockingers natürlich für ein kleines Beben. Auch wenn Bürgermeisterin Karin Baier im NÖN-Gespräch betont, dass die „Partei weiter funtioniert, weil wir strukturell breit aufgestellt sind.“ Fortan würde das Parteipräsidium, das aus sämtlichen Sektionsvorsitzenden besteht und die bisher als Stockingers Stellvertreter agierten, die interne Arbeit im „Kollektiv abwickeln“. Das wäre aber auch mit dem nunmehrigen Ex-Parteichef auch schon gewesen, betont Baier, selbst Vorsitzender der Sektion 1.

Mittelfristig müsste es natürlich unter Einhaltung aller Fristen zu einer Neuwahl des Stadtparteichefs oder der Stadtparteichefin kommen. „Das wird natürlich angegangen“, betont Baier. Gleichzeitig hält sie aber fest, dass nun erst einmal die bisherigen Gemeinderatsfunktionen von David Stockinger SPÖ-intern nachbesetzt werden müssen. Einerseits braucht es einen Nachfolger im Gremium selbst und andererseits auch in drei dem Gemeinderat untergeordneten Ausschüsses, in denen der Ex-Parteichef Mitglied war.

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