80 Schuldsprüche für Wiederbetätigung

Erstellt am 02. Dezember 2022 | 05:57
Lesezeit: 2 Min
Prozess
Foto: shutterstock.com/sergign
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59-Jähriger Schwechater hatte Nationalsozialismus verharmlost.

Angefangen habe alles 2013, als er als Ordner einer Vorläufer-Demo der späteren „Pegida“-Bewegung tätig war. So sei er in die rechte Ecke gerutscht. Das zumindest war die Version, die ein 59-jähriger Kraftfahrer den Geschworenen am Landesgericht Korneuburg präsentierte. Aus dieser Nähe entstand auch ein Hang dazu, den Nationalsozialismus verharmlosende Bildchen zu posten. So versendete er in der Zeit von März 2013 bis Mai 2020 rund 80 dieser überaus unappetitlichen Kreationen.

„Es ist wie’s ist“, machte der 59-Jährige keinen Hehl aus seiner Verantwortung. Es sei eine Blödheit gewesen, er habe sich wichtigmachen wollen, erklärte er dem vorsitzenden Richter Manfred Hohenecker im Verfahren. Bei seiner Vernehmung bei der Polizei argumentierte er mit dem Spaß-Faktor.

Hohenecker wollte dann doch wissen, wie es zum Umdenken des Angeklagten kam. Seine neue Freundin habe gemeint: „Hör auf mit dem Scheiß.“ Die Probe aufs Exempel machte der Richter dann noch mit der Frage, ob er auch auf eine Antifa-Demo gehen würde. Die Antwort war ein klares „Nein“. Die strafbaren Geschmacklosigkeiten sollen hier freilich nicht wiederholt werden. Die Geschworenen mussten insgesamt 80 Mal darüber befinden, ob sich der 59-Jährige im Sinne des Verbotsgesetzes schuldig gemacht hat.

Bei Schwurgerichtsverhandlungen schlägt normalerweise immer die Stunde der Verteidiger, da der Richtersenat im Schuldfall lediglich über die Höhe der Strafe mit der Jury berät. Das Urteil selbst fällen die acht Geschworenen. Doch Ralf Mössler, der Anwalt des 59-Jährigen, blieb in diesem Fall Realist und bat lediglich: „Behalten Sie Augenmaß.“ Staatsanwalt Christoph Zechner forderte die Laienrichter jedoch auf, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

In allen 80 Anklagepunkten wurde der 59-Jährige schuldig gesprochen. Bei einem Strafmaß von einem bis zu zehn Jahren wurde der bisher Unbescholtene rechtskräftig zu 18 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Zum Abschluss hatte Hohenecker noch einen alltagstauglichen Tipp parat: „Wenn Sie betrunken sind, Finger weg von der Tastatur.“