Funktionärskrise: Das Fundament des Sports bröckelt

Da waren’s nur noch 445. Seit 2015 büßte der NÖ-Fußballverband zehn Prozent seiner Herrenteams ein. Bei den meisten betroffenen Vereinen gingen komplett die Rollbalken runter, andere gingen in Spielgemeinschaften auf.

Besonders tief war die Zäsur in diesem Sommer. Und ebenfalls markant: Einige Klubs sperrten nicht etwa aufgrund von Spielermangel zu, sondern weil sich keine Funktionäre mehr fanden, die sich für ihre Vereine die Fersen wund liefen.
Auflösungen wie in Großengersdorf oder Kettlasbrunn (beide Bezirk Mistelbach) sind aber nur die Spitze des Eisbergs.
NÖ-Fußballverbandspräsident Hans Gartner ist nämlich bewusst, dass sich auch scheinbar gut dastehende Klubs immer schwerer damit tun, Ehrenamtliche zu rekrutieren: „Das Problem ist nicht neu. Wir beobachten das schon über einen längeren Zeitraum.“
Gründe: Anfeindungen und höhere Anforderungen
Die Gründe? „Die Anforderungen an die Funktionäre steigen an – zum Beispiel die wachsenden rechtlichen Haftungen oder das immer breiter werdende Aufgabenspektrum“, weiß der Ziersdorfer.

Aber auch die zunehmende öffentliche Ächtung führt Gartner ins Treffen: „In Zeiten von Social Media und Co werden Funktionäre auch immer öfter und schneller für ihre Arbeit kritisiert oder gar angefeindet – und das oftmals ungerechtfertigter Weise. Da stellen sich viele die berechtigte Frage: Warum soll ich mir das antun?“
Was tun, damit aus dem Antun wieder eine Aufgabe wird, die Freude macht? Der NÖFV bietet Schulungen, Coachings und Weiterbildungsmöglichkeiten an. „Das gesellschaftliche Phänomen, dass sich immer weniger Menschen fürs Ehrenamt begeistern, können wir als Verband aber leider nur schwer beeinflussen“, zuckt Gartner mit den Schultern.
Danninger will hinhören und Strategie entwickeln

Und holt damit die Politik ins Boot. Sport-Landesrat Jochen Danninger beobachtet die Entwicklung mit Argusaugen: „Die Funktionärinnen und Funktionäre bilden das Fundament des organisierten Sports. Ohne sie gibt es kein Vereinsleben.“
Danninger will in den nächsten Wochen genau hinhören, wo bei den Ehrenamtlichen der Schuh drückt.
Im Rahmen der „Sportland Talks“ wird er in den Bezirken unterwegs sein und sich mit Vereinsvertretern austauschen. „Ich bin überzeugt, dass dieser Austausch mit der Basis essenziell ist, um dann für aktuelle Problemstellungen effektive Gegenmaßnahmen zu entwickeln und rasch zu präsentieren.“