Wie Wärme aus der Müllverbrennung in Dürnrohr nach St. Pölten kommt

Erstellt am 04. Juni 2023 | 12:00
Lesezeit: 4 Min
Müllverbrennungsanlage Dürnrohr 2023
Der Müllbunker wird mittels Infrarotkamera überwacht. Sollte es zu einem ungeplanten Feuer kommen, kann mittels Schaumlöschkanonen von der Schaltwarte aus gelöscht werden.
Foto: NÖN, Nadja Straubinger
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Was passiert eigentlich mit dem Restmüll, nachdem er in der Tonne gelandet ist? In der Müllverbrennungsanlage in Dürnrohr wird daraus Energie und Wärme erzeugt.

Es stinkt nicht. Denkt man an Müll, kommt einem auch gleich Gestank in den Sinn. Auf dem Weg zur Müllverbrennungsanlage (MVA) Dürnrohr stechen einzig die riesigen Bauwerke ins Auge. Unmittelbar neben der Müllverbrennungsanlage ist auch noch das Kohlekraftwerk zu sehen, es ist durch Dampfleitungen mit der MVA verbunden. Das Kohlekraftwerk steht zwar seit 2019 still, der Energieknoten Dürnrohr wird aber weiterhin genutzt. Von dort aus versorgt die EVN Wärmekraftwerke GmbH ihre Kundinnen und Kunden mit Strom und Fernwärme. Wie etwa die Landeshauptstadt St. Pölten, die ihre Fernwärme über eine 31 Kilometer lange Fernwärmeleitung bezieht.

 

Wie die Energie nach St. Pölten kommt und warum die Müllverbrennung ein wichtiger Teil einer geordneten Abfallwirtschaft ist, erklärte beim Lokalaugenschein in Dürnrohr Geschäftsführer Gernot Alfons. Er ist seit 38 Jahren in der Müllverbrennung tätig und baute als technischer Geschäftsführer die Anlage und das Team in Dürnrohr vor etwa 20 Jahren auf. Heute ist er stolz darauf, dass die Müllverbrennungsanlage 365 Tage 24 Stunden in Betrieb ist. Täglich ist von den drei Verbrennungslinien mindestens eine in Betrieb. Angeliefert wird der Müll zum Großteil mit der Bahn. 500.000 Tonnen sind es pro Jahr, 125.000 Tonnen Schlacke werden nach dem Verbrennungsprozess wieder abtransportiert.

Verbrannt werden soll eigentlich nur Restmüll. 582 Kilogramm Müll entstehen in Niederösterreich pro Einwohner und Jahr, rund 200 Kilogramm davon sind Restmüll. „Der kommt zu uns. Es ist wichtig und richtig, so gut zu trennen wie möglich“, betont Alfons und weist auf die Grundsätze der Abfallwirtschaft hin: Abfallvermeidung, Verwertung und am Ende erst steht die Beseitigung. Schon bei der Anlieferung wird der Müll grob kontrolliert. Immer wieder kommt es zu kuriosen Funden im Restmüll, von Fahrrädern über Boiler bis hin zu Musikinstrumenten. Hin und wieder werden Lieferanten von Industriemüll zurückgeschickt, weil die Ladung nicht passt. „Das merken sich die Firmen, wenn der Fahrer zurückkommt“, betont Alfons.

Nach der Erstüberprüfung kommt der Abfall in den Müllbunker. Der Kranfahrer kann schon beim Befüllen des Bunkers auf eine gute Durchmischung des sehr heterogenen Abfalls achten. Mit einem Greifer, der beeindruckende 3,5 Tonnen fasst, wird der Müll aufgenommen und über einen Aufgabetrichter in den Aufgabeschacht gekippt. „Das ist der Bereich, der den Feuerraum vom Müllbunker abdichtet“, erklärt Alfons in der zentralen Schaltwarte, wo man den Vorgang beobachten kann. Es sei ein Mythos, dass für die Müllverbrennung Gas eingesetzt werde. „Im Feuerraum muss es mindestens 800 Grad haben, dann dürfen wir den Müll, der sich dann selbst entzündet, auf den Rost geben“, sagt Alfons. Nur die Anfeuerung benötige kurzfristig Brennstoff. Die geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen am Flammenbild, ob die Verbrennung gut oder schlecht läuft. Das ist auch an den Auswirkungen auf Emissionsparameter der Feuerung zu erkennen. In der Schaltwarte sitzen immer zwei Mitarbeitende, eine Person kümmert sich um die Feuerung, die andere um die Rauchgasreinigung. Sogar ein Blick direkt auf den Rost ist von dort aus möglich. Dieser arbeitet den Müll langsam ab. Rund 2.000 Tonnen werden täglich in Dürnrohr verbrannt. In der Nacht ist das Team in der Müllverbrennungsanlage nur mehr zu dritt, dann kann auch der Kran von der zentralen Schaltwarte aus betrieben werden. Der Müll im Bunker wird ständig über eine Infrarotkamera überwacht. „Bei uns gibt es schon ein Risiko, dass etwas ungeordnet zu brennen beginnt. Diese Überwachung haben wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden entwickelt“, sagt Alfons. Mittels Schaumlöschkanonen kann dieser von der Schaltwarte aus gelöscht werden.

Nach der Verbrennung werden die Überreste noch einmal über Förderbänder durch einen großen Magneten transportiert, der Metall aussortiert. 25 Kilogramm aus einer Tonne Müll im Schnitt. Aus der Schlacke können Eisen- und Nichteisenmetalle wie Gold und Kupfer gewonnen werden. Der Rest wird deponiert oder fachgerecht entsorgt.

Bei der Müllverbrennung wird Müll in Dampf umgewandelt. Aus diesem wird beim Energieknoten durch eine Turbine Strom erzeugt. Der Niedrigtemperaturdampf wird über Rohre an die Agrana geliefert, der Dampf mit der niedrigsten Temperatur in das Fernwärmenetz St. Pölten eingespeist und damit auch das Universitätsklinikum St. Pölten versorgt.