Vortrag im Frauenstift: Ein Siegesdenkmal für König Rudolf

Die Sporthauptschule Tulln lud gemeinsam mit dem Stadtmuseum zu einem Vortrag von Dr. Johannes Ramharter, um in ein nicht allzu bekanntes Kapitel der Tullner Vergangenheit einzutauchen. Unter dem Motto „Museen eröffnen die Begegnung mit dem Realen“ konnte man so spannende Details über das Kaiserliche Dominikanerinnenkloster in Tulln erfahren. Bei der Gelegenheit konnte man ein umfangreiches Buch mit den spannenden und ausführlichen Ergebnisse der mühsamen Forschungsarbeit von Dr. Ramharter erwerben.
Altbürgermeister Edwin Pircher und Franz Xaver Hebenstreit (Stadtrat für Museen, Tourismus und Freizeitbetriebe) waren als Vertreter der Politik anwesend. Für die Wissenschaft kam Christoph Helfer, der Direktor des Stadtmuseums Tulln.
Bei dem kaiserlichen Frauenstift handelt es sich um eine Klosteranlage, die weitestgehend aus dem Gedächtnis der Tullner verschwunden ist – die Dominikanerinnen, welche in diesen Mauern in Klausur in einer Enklave mitten in der Stadt lebten, waren weitestgehend wirtschaftlich und geistig von der Stadtgemeinde unabhängig. Dabei handelt es sich bei diesem Objekt um eines der bedeutendsten Bauwerke, das je in Tulln stand. Leider blieben von diesem einst großen Kloster kaum Überreste.
Das kaiserliche Frauenkloster in Tulln hatte eine Bedeutung, die weit über die Stadtgrenzen hinausging und sich auch über die heutigen Grenzen von Österreich erstreckte. Tulln, als eine Metropole des Mittelalters (eine Tatsache, die heute eher vergessen ist), sollte in diesem Kloster die Grabstätte von König Rudolf beherbergen.
Die Klosteranlage hat eine lange und turbulente Geschichte vorzuweisen. Gegründet im 13. Jahrhundert durch König Rudolf als Dank für seinen Sieg gegen Ottokar II. Přemysl, diente das Kloster als wirtschaftliches Zentrum und zeitweise mitunter als Frauengefängnis (so wurden die Gräfinnen Thököly und Esterhazy zu verschiedenen Gelegenheiten hier unter Bewachung gehalten). Es erlitt im Laufe seiner Geschichte mehrere Katastrophen – das große Erdbeben von 1590 verursachte große Schäden, durch den großen Stadtbrand von 1752 brannte es gemeinsam mit dem Pfarrhof zu einem erheblichen Teil nieder und die Reformation machte dazu den Osten Österreichs für mehrere Jahre protestantisch.
Dagegen konnte das Kloster einen enormen Grundbesitz sein eigen nennen: neben der Kronau in unmittelbarer Umgebung gehörten auch Teile von Döbling (die Villa Wertheimstein, das jetzige Bezirksmuseum des 19. Wiener Gemeindebezirks), Jedlersdorf und Großkrut zu dem umfangreichen Netzwerk der Dominikanerinnen von Tulln. Damit war das Frauenkloster einer der reichsten Grundeigentümer Niederösterreichs und verfügte zu seinen besten Zeiten über 50 Schweine, 20 Milchkühe, 15 Pferde und etliche Schafe, darüber hinaus einige der besten Weingründe Niederösterreichs.
Zum Ende der Anlage kam es zu Zeiten Kaiser Josephs II., der mit seinen Reformen etliche Klöster aufheben ließ, so sie lediglich kontemplativ lebten, also dem Gebet gewidmet waren und keine Schulen oder Krankenpflege betrieben. Das Tullner Frauenkloster sollte (als eine wichtige Stätte für die Kaiserfamilie) zunächst gar nicht aufgehoben werden. Die Schwestern gründeten sogar zu diesem Zweck 1782 eine Mädchenschule (die erste in Tulln, sie musste allerdings bereits drei Jahre später wieder schließen), konnten aber den Schul- und Klosterbetrieb aufgrund einer dramatischen Überalterung der 30 verbliebenen Schwestern und internen Konflikten um die Führung nicht weiter aufrecht erhalten. Nach der Zwangsverwaltung durch die Klöster Herzogenburg und Göttweig folgte die Selbstauflösung des Klosters und etliche Umbauten, der Gebäudekomplex wurde später ein Sanatorium und Krankenhaus.
Ihr autonomer Status – die Ordensfrauen unterstanden lediglich dem Dominikanerorden – führte zu einem ambivalenten Verhältnis mit der Stadtgemeinde, da Tulln wirtschaftlich kaum von der großen Anlage mitten in ihrer Gemeinde profitierte – die Schwestern waren wirtschaftlich eher Richtung Wien orientiert. Noch dazu stammten die meisten der Schwestern aus Westdeutschland. Während das Archiv des Klosters weitestgehend erhalten blieb und sich im Haus-, Hof- und Staatsarchiv befindet (ein Teil der Geschäftsakten ging 1927 beim Brand des Justizpalastes verloren), ist von der Bibliothek leider so gut wie nichts mehr erhalten geblieben. Ebenso wurde das Kloster zu einem großen Teil abgetragen. Baumaterialien waren in Tulln immer Mangelware und ein großer Teil der behauenen Steine des Klosters wurden zur Befestigung des Donauufers eingesetzt.
Der spannende Abend endete mit einem Ausklang im Römermuseum. Die zahlreich erschienenen Gäste konnten viele interessante Eindrücke aus einem leider nicht mehr allzu geläufigen Kapitel der Stadtgeschichte mitnehmen.