Wiederbetätigung im Netz: Eiernockerl und Davidstern

Nicht schuldig, sagt der Angeklagte vor Gericht. Während der Staatsanwalt die Anklage vorträgt, ist die Miene des Angeklagten noch recht unbewegt. Als seine Verteidigerin spricht, knetet er seine Hände. Ihm werden mehrere Verbrechen nach dem Verbotsgesetz vorgeworfen
Am 19. April (einen Tag vor Adolf Hitlers Geburtstag) hatte der 36-Jährige ein Facebookposting geliked, mit dem Inhalt: "Nicht vergessen, morgen gibt's wieder Eiernockerl." (bekanntermaßen angeblich Hitlers Leibspeise). Das Posting hatte er außerdem mit dem Wort "Jep." kommentiert sowie mit einem lachenden Smiley und einem Emoji, das den rechten Arm nach oben streckt. Das gibt er alles zu, dass es dabei aber um Hitlers Geburtstag und die Anspielung auf einen Hitlergruß ging, bestreitet er.
"Emoji hat nur gegrüßt"
Das Emoji verwende er immer, es bedeute "einfach nur Servas". Das Datum sei reiner Zufall gewesen. Er sei auch nicht auf die Idee gekommen, dass es andere Nutzer in irgendeiner anderen Art und Weise verstehen könnten.
Außerdem hat er einen Beitrag geteilt, auf dem ein gelber Davidsstern zu sehen ist, darin der Schriftzug "nicht geimpft", darüber die Worte: "Die Jagd auf Menschen kann wieder beginnen." Ein anderer von ihm geteilter Beitrag: ein Bild vom Eingangstor des KZ Auschwitz mit den Worten "Testen macht frei" (statt dem nationalsozialistischen "Arbeit macht frei").
Dazu das Kommentar: "Schiebts euch eure Stangerl in Oarsch." Gemeint waren damit die Test-Stäbchen für Covid-Testungen. Im Gerichtssaal sitzt der Angeklagte allerdings ohne Maske, weil er sich kurz davor testen ließ (obwohl das vom Gericht nicht verlangt war). Welche Körperöffnung dabei im Spiel war, kommt nicht zur Sprache.
Er habe sich bei den Postings nichts gedacht und war dabei außerdem betrunken, sagt er zu seiner Verteidigung. Ungeimpfte werden seiner Meinung nach wie Außenseiter behandelt. Mit der Frage des Richters, ob ihm bewusst sei, dass er damit den Holocaust verharmlosen könnte, weil er Ungeimpfte mit Juden im zweiten Weltkrieg gleichsetze, kann der Angeklagte nichts anfangen.
"Besorgniserregende Flapsigkeit im Umgang mit Geschichte."
Am Ende entscheiden die Geschworenen jeweils einstimmig: schuldig zum Eiernockerl-Posting, nicht schuldig beim Davidstern-Post und betreffend des Auschwitz-Postings. Von den letzten beiden Vorwürfen wird er freigesprochen. Offenbar verstanden die Geschworenen die beiden Postings nicht als Verharmlosung eines Völkermords durch Gleichsetzung von Ungeimpften mit Holocaustopfern, sondern gerade noch als geschmacklosen Vergleich. Der Mann erhält jedoch eine gänzlich bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten (die Mindeststrafe) wegen des ersten Anklagepunkts.
Der vorsitzende Richter findet die "Flapsigkeit, mit der Leute im Netz mit Teilen unserer Geschichte umgehen", besorgniserregend. Diese subtile Art der Glorifizierung von Hitlers Person auf Sozialen Medien werde schon zum "Massendelikt". Das Urteil ist nicht rechtskräftig.