Nahversorger und ihre Strategien gegen so manche Herausforderungen
Nahversorger und ihre Strategien gegen so manche Herausforderungen . Jeder möchte Nahversorger haben, aber wie viele kaufen bei ihnen ein?
Die Nahversorger bieten neben Gütern des täglichen Bedarfs und persönlicher Betreuung ein umfangreiches Serviceangebot. Kunden schätzen das persönliche Gespräch und die hohe Kundenorientierung. Viele Nahversorger liegen in Zentrumsnähe und sind fußläufig erreichbar. Das trägt zur Reduzierung des Individualverkehrs in und um die Region bei. Fast jeder schätzt die Nahversorger - aber Großeinkäufe erledigen viele doch in den großen Supermarktketten.
Eva Schindl betreibt seit August 2018 den Nah & Frisch Markt in der Raiffeisenpromenade in Waidhofen. Sie erzählt: „Hauptsächlich kaufen Schüler und Schülerinnen, Bürokaufleute und ältere Kunden und Kundinnen bei uns ein. Die Pandemie hat uns atypisch getroffen. In den Medien wurde hauptsächlich kolportiert, dass gerade Lebensmittelmärkte einen enormen Gewinn gemacht haben. Wir haben ca. 50 Prozent durch die Schließung der Schulen und Büros eingebüßt.“
Sie beschäftigt zwei Teilzeitkräfte und einen Lehrling und sucht dringend eine weitere Teilzeitkraft. „Ich finde kaum jemand, der zu uns kommen möchte. Ich arbeite momentan etwa 80 Stunden in der Woche, weil es anders nicht zu stemmen ist. Ich stehe um drei Uhr Früh auf und bereite Brötchen oder Platten für den Partyservice vor“, berichtet Schindl. Früher wurde täglich ein Menü angeboten. Das ist heute wegen des Personalmangels nicht mehr möglich. Selbstgebackene Mehlspeisen und Kuchen gibt es aber nach wie vor.
Milchprodukte des örtlichen Produzenten sind bei uns günstiger als Milchprodukte von den großen Molkereien, die Leute nehmen es nicht wahr.
Das nahe EKZ spürt sie stark: „Die Groß- oder Wocheneinkäufe werden fast ausschließlich in den Supermärkten getätigt. Mit der großen Auswahl und dem Preis können wir nicht mithalten. Obwohl die Milchprodukte des örtlichen Produzenten Koppensteiner bei uns günstiger sind als Milchprodukte von den großen Molkereien, nehmen es die Leute nicht wahr.“ Aufgrund der hohen Energiekosten mussten die Verkaufsfläche und die Zahl der Kühlgeräte reduziert werden. „Eine Umstellung auf LED-Beleuchtung kommt für uns derzeit nicht in Frage“, hält Schindl fest.
Mahmood Yousef hat erst kürzlich sein neues Geschäftslokal am Stadtplatz in Waidhofen bezogen. Er berichtet: „Im alten Market Yousef hatten wir zu wenig Platz und keine unmittelbaren Parkplätze zur Verfügung. Seit unserer Übersiedlung freuen wir uns über deutlich höheren Zulauf. Wir hoffen, dass es noch mehr Menschen gibt, die wir von unserem Angebot überzeugen können, damit wir unsere geschätzten Kunden weiterhin bedienen können. Wir streben danach, mit unserer Arbeit erfolgreich zu sein, damit wir viele Filialen in anderen Städten eröffnen können. Das erfordert Geduld und viele Arbeit.“
Eigenes Pfandsystem für Plastikverpackungen im Market Yousef
Ein Pfandsystem für Plastikverpackungen gibt es bereits: „Wir bieten unseren Kunden die Rücknahme von Plastikbechern an, wenn sie noch in gutem Zustand sind. Die Kunden erhalten einen symbolischen Betrag als Gegenleistung für die Rückgabe. Seit wir letztes Jahr mit unserer Arbeit begonnen haben, werfen wir keine Plastikkisten weg. Wir verwenden sie selbst wieder oder geben sie an unsere Kunden, die sie nutzen können. Generell sind wir bemüht, so viel wie möglich auf Plastik zu verzichten, denn der Schutz der Umwelt ist uns wichtig.“
Die gestiegenen Kosten bereiten Yousef Sorgen: „Die Erhöhungen der Arbeitskosten, der Gebühren und die gestiegenen Lebenshaltungskosten sind wirklich unerträglich geworden. Das hat Auswirkungen auf alle Menschen. Ich hoffe, dass unsere angesehene Regierung eine rasche Lösung finden wird.“
Umweltbewusst: regionale und saisonale Produkte im Bäuerinnenladen in Dobersberg
In Dobersberg gibt es den Bäuerinnenladen, der sehr umweltbewusst mit regionalen und saisonalen Produkten handelt und ein Nah & Frisch Geschäft für den täglichen Einkauf. Die Teuerungen sorgen auch hier für eine große Herausforderung. „Die Energiekosten stellen ein Problem dar“, erklärt Ingrid Kraus vom Bäuerinnenladen. „Unsere Bäuerinnen und Bauern leiden unter den Stromkosten, die sich verdoppelt haben, sowie unter der Teuerung der Materialkosten, die sie für die Herstellung der Produkte benötigen.“
Kraus hält persönlich nichts von den Angeboten in den Supermärkten: „Diese gehen nur auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern, die den Wert ihrer Produkte nicht bezahlt bekommen. Angebote verlocken dazu, mehr zu kaufen als man braucht. Vieles davon landet schließlich im Müll. In zahlreichen Ländern herrscht Hungersnot, bei uns die Verschwendung.“ Zum diskutierten Plastikpfand meint Kraus, dass es mehr Alternativen bei Verpackungsmaterial geben sollte - weg von Plastik und von Alufolien, hin zu abbaubaren Materialien.
Die Hagelversicherung hat am 5. Mai 2023 einen Bericht veröffentlich der zeigt, warum Lebensmittel in Österreich teurer sind als in anderen EU-Ländern. Das hängt in erster Linie mit der hohen Supermarktdichte zusammen. Details dazu findet man unter https://www.hagel.at/presseaussendungen/lebensmittelgipfel-2023/.
Marktgemeinde Gastern betreibt Nahversorgungsgeschäft
„Zum Thema Nahversorgung können wir seitens der Marktgemeinde Gastern einiges berichten, da wir seit nunmehr fast drei Jahren das Nahversorgungsgeschäft in Gastern selbst betreiben“, ist Bürgermeister Roland Datler stolz. Nachdem die letzte Mieterin im Jänner 2020 den Betrieb eingestellt hatte, hat der Gemeinderat entschieden, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Seitdem betreibet die Gemeinde mit einem sehr engagierten Team das Nahversorgungsgeschäft.
Die aktuelle Teuerungswelle ist eine große Herausforderung. Die Preiserhöhungen des Großhandels wirken sich auf die Verkaufspreise im Dorfladen aus. Datler hält fest: „Um zu verhindern, dass viele Kunden zum Diskonter wechseln, haben wir die Preise in unserem Geschäft moderat angepasst, was beim Ertrag sichtbar ist.“ Ohne entsprechende Unterstützung der Gemeinde gäbe es das Nahversorgungsgeschäft nicht mehr.
„Gemeinsam mit unserem Handelspartner - der Firma Kiennast aus Gars am Kamp - sind wir ständig bemüht, mit entsprechenden Angeboten auf die Konkurrenz der Supermärkte zu reagieren“, ergänzt Datler. „Wir hoffen, diese äußerst herausfordernde Zeit zu meistern, da wir auch weiterhin überzeugt sind, dass es in der Marktgemeinde Gastern eine Nahversorgung braucht.“
Hofkäserei Rausch beliefert nur Nahversorger
„Mit der Firma ADEG Kainz haben wir in Kautzen einen sehr guten Nahversorger, den wir mit unseren Produkten beliefern“, freut sich Martin Rausch von der Hofkäserei Rausch in Triglas. „Natürlich kaufen wir auch bei ihm für unseren Privatgebrauch sehr viel ein, denn nur jammern, dass es keine Nahversorger gibt und nicht bei ihnen einkaufen, bringt nichts.“
Martin Rausch beliefert in der Umgebung zur Zeit vier Supermärkte (Nahversorger). „Dabei handelt es sich um selbstständige Händler oder Vereine. Wir liefern nicht an die drei großen Supermarktketten, da wir sehr viel investieren müssten und in eine Preisabhängigkeit geraten würden. Wir berechnen unsere Preise selbst und lassen sie uns nicht vorgeben“, erklärt Rausch bestimmt.
Nachhaltiges Handeln war von Beginn an sehr wichtig für die Hofkäserei. Rausch erklärt: „Nach Möglichkeit verpacken wir alles in wiederverwendbare Glasbehälter. Diese werden bei uns am Hof gereinigt, getrocknet und neu gefüllt. Unser Pfandsystem hat sich bewährt: Die leeren Glasbehälter können an allen Verkaufsstandorten retourniert werden, somit ist die Rücklaufquote erfreulich hoch.“
Sorgen bereiten die hohen Energiekosten. Rausch berichtet: „Bei der letzten Stromabrechnung hat uns die Teuerung auch getroffen. Bis dahin hatten wir einen günstigen Tarif. Ich bin froh, dass wir vor zwei Jahren eine Photovoltaik-Anlage montiert haben und den Strom teilweise selbst erzeugen können. Leider müssen wir einen Teil der Preissteigerung an die Kunden weitergeben, da es sich sonst nicht mehr rentiert.“
Nahversorger-Service: Nah & Frisch öffnet um 5.30 Uhr und bietet Fülle an regionalen Produkten
Die Bürger der Gemeinde Pfaffenschlag sind froh, dass es einen Nahversorger gibt und sie nicht weit zum Einkaufen haben und Produkte aus der Region bekommen. Ältere Menschen können ihren Einkauf selbstständig tätigen. „Wir öffnen wochentags bereits um 5.30 Uhr, damit Berufstätige vor Arbeitsbeginn ihre frische Jause bekommen“, berichtet Roman Hengst, neuer Geschäftsführer bei Nah & Frisch.
Viel wird über Regionalität geredet. Hier wird sie gelebt! Hengst zählt auf: „Wurst und frisches Fleisch beziehen wir hauptsächlich von der örtlichen Fleischerei Bauer, ebenso Knödel und Hausmannskost. Familie Essbüchl aus Jasnitz liefert uns Putenfleisch, Brot und Gebäck kommt von der Bäckerei Müssauer aus Waidhofen und der Bäckerei Redl aus Heidenreichstein. Milchprodukte beziehen wir von Koppensteiner aus Schweiggers und der Familie Arnhof, die Eier kommen von Gittis Freilandeier sowie von der Familie Holzweber. Familie Fasching aus Wiederfeld liefert uns Kartoffel und Mohn. Die Aufzählung könnte noch um einiges fortgesetzt werden.“
Service wird bei Nah & Frisch in Pfaffenschlag großgeschrieben. „Kompetende Beratung durch unser Personal, belegte Platten und Brötchen sowie die Fülle an regionalen Produkten gehören ebenso dazu wie ausreichend Parkplätze beim Geschäft.“ Hengst bedankt sich bei der Gemeinde für die tatkräftige Unterstützung.
