Fahrtauglichkeitsprüfung für betagte Autofahrer umstritten

Aktuell gibt es wieder Debatten, ob ältere Personen sich einer regelmäßigen Fahrtauglichkeitsüberprüfung unterziehen sollen. Die NÖN hat sich in der Region umgehört, was die Leute darüber denken. Margit Kortschak, Amtsärztin in Waidhofen, ist überzeugt, dass die Überprüfung notwendig für die Sicherheit ist. Schwerhörigkeit, Augenleiden oder Schlaganfälle stellen sicheres Fahren infrage. Da sich diese Einschränkungen oft schleichend entwickeln, warnt sie vor Fehleinschätzungen.
Da ältere Leute das Auto oft nur für Fahrten zur Erhaltung ihrer Selbstständigkeit, wie Einkaufen, nutzen, gäbe es auch die Möglichkeit, den Führerschein einzuschränken, erklärt Kortschak. Dass zum Beispiel nur noch in einem bestimmten Umkreis gefahren werden darf, nur tagsüber oder nicht auf der Autobahn.
Manche würden in den eigenen vier Wänden verkümmern
Dass es nicht einfach ist, jemandem den Führerschein abzunehmen, gibt der Ybbsitzer Arzt Andreas Pfleger aus Ybbsitz zu bedenken: „Es gibt viele Achtzigjährige, die sich guter Gesundheit erfreuen. Bei so einer Untersuchung sind sie dann meist nervös. Nimmt man ihnen den Führerschein, verkümmern sie teils in den eigenen vier Wänden.“ Pfleger ist überzeugt, dass es Aufgabe der Angehörigen ist, vielleicht gemeinsam im Dreiergespräch mit dem Arzt, betagten Lenkern nahezulegen, den Führerschein abzugeben. „Wir regulieren uns zu Tode. Es braucht nicht noch eine Vorschrift. Das kann man auch anders lösen“, zeigt sich Pfleger überzeugt.
Auch die Opponitzer Ärztin Doris Hofbauer-Freudenthaler sieht dies ähnlich. „Es ist Entmündigung und tut den Alten weh, ihnen den Führerschein zu nehmen. Auch sie setzt auf Selbsteinsicht. „Ältere Leute fahren vernünftiger. Ich glaube, die meisten Unfälle verursachen Junge“, meint Hofbauer.
Edda Koller, Obfrau des Pensionistenverbands Ybbsitz, glaubt, dass viele aus Angst, den Führerschein und die Selbstständigkeit zu verlieren, nicht freiwillig zu einer Überprüfung gehen.
„Das Selbstbewusstsein wird beim Verlust der Fahrerlaubnis in Mitleidenschaft gezogen“, erklärt Amtsärztin Kortschak. Es bedürfe ausführlicher Gespräche bei Führerscheinabnahmen, damit Betroffene dies akzeptieren können. „Leider nehmen ältere Verkehrsteilnehmer die Kritik an ihrem Fahrverhalten von ihrem Umfeld oft nicht ernst. Darum bedarf es aussagekräftiger, aber sensibel gestalteter Überprüfungen“, ist Kortschak überzeugt.
Auch Fahrkönnen muss überprüft werden
Karl Jechsmayr von der Fahrschule Easy Drivers in Waidhofen gibt zu bedenken, dass eine ärztliche Untersuchung allein nicht ausreichend ist. Es müsse auch das Fahrkönnen überprüft werden. Es könne nicht genügen, für den B-Führerschein nur einmal im Leben eine positive Prüfung in jungen Jahren nachweisen zu müssen. In jedem Beruf müsse man sich schließlich regelmäßig weiterbilden.
Umgang mit modernen Assistenzsystemen trainieren
Jechsmayr meint, dass jeder glaube, gut Autofahren zu können. „Meine Empfehlung ist eine Beobachtungsfahrt bei einem Fahrlehrerprofi. Dabei wird bestätigt, was sie alles gut im Griff haben, aber auch besprochen, wenn sich Fehler eingeschlichen haben. Zudem kann man bei der Fahrstunde den richtigen Umgang mit den modernen Assistenzsystemen trainieren“, empfiehlt der Fahrschulbesitzer.
Dass auch Zusammenstöße mit geringem Tempo schwere Folgen haben, weiß Stefanie Taranetz. Sie wurde beim Überqueren eines Zebrastreifens in Ybbsitz von einem älteren Herrn angefahren, der sie übersehen hatte. „In dem Fall war die langsame Geschwindigkeit die Gefahr. Denn wenn man als Erwachsener merkt, es fährt jemand langsam, nimmt man an, das Auto bleibt stehen und wartet normalerweise nicht, bis jemand komplett steht“, sagt sie. Die Folge des ungebremsten Zusammenstoßes war für die junge zweifache Mutter unter anderem eine schwere Handverletzung, die sie bis heute spüre. „Ich bin auf jeden Fall für niederschwellige und auch kostenlose Fahrsicherheitchecks.“ Ein weiteres Problem sieht Taranetz bei der Erstversorgung am Unfallort: „Der Erste-Hilfe-Kurs ist bei den meisten älteren Leuten ewig her.“
„Es darf nicht passieren, dass Menschen in Gefahr gebracht werden durch mangelndes Fahrverhalten – egal ob jung oder alt“, formuliert Amtsärztin Kortschak das Ziel, deren Erreichung wohl die meisten zustimmen können.