Waidhofen/Ybbs: Zwerge schaukeln im Reichenauerhof

Eine flächendeckende kostenlose Vormittagsbetreuung für alle Kinder ab einem Jahr sieht das Kinderbetreuungspaket des Landes NÖ ab Herbst 2023 vor. Um dies anbieten zu können, hat die Stadt Waidhofen in einem ersten Schritt die bislang als Verein geführte Kinderbetreuungseinrichtung Zwergenschaukel übernommen. Dies wurde Ende März vom Gemeinderat beschlossen. Eine Erhebung ergab schließlich, dass in der Stadt an manchen Tagen Betreuungsbedarf für bis zu 45 Kleinkinder besteht. Somit sind bei einer Gruppengröße von maximal 15 Kindern in Summe drei Betreuungsgruppen notwendig. Zwei neue Gruppen müssen deshalb geschaffen werden.

Ziel der Stadtverantwortlichen ist es, die Kleinkinderbetreuung auf mehrere zentrumsnahe Standorte aufzuteilen. Der Landeskindergarten in der Vitzthumstraße, der in den nächsten Jahren neu errichtet wird, ist dabei als Standort ebenso im Gespräch wie Räumlichkeiten im Kindergartengebäude in der Pocksteinerstraße oder der neue Wohnbau für „Junges Wohnen“, der beim Lokalbahnhof entstehen soll. Als weiterer möglicher Standort einer Kleinkindbetreuung ist nun auch der mittlerweile leer stehende Pfarrhof auf der Zell ins Spiel gekommen. Die Diözese sei über derartige Überlegungen bereits informiert worden, Gespräche seien in Planung, heißt es dazu aus dem Magistrat.

Stadtnahe Container-Lösung zu teuer
All diese Varianten brauchen jedoch eine gewisse Vorlaufzeit. Da das Betreuungsangebot aber schon mit Herbst installiert werden soll, verlegt die Stadt die Zwergenschaukel vorübergehend in den Reichenauerhof. Dazu segnete der Gemeinderat am Dienstag den Abschluss eines Untermietvertrags im dortigen Pflege- und Betreuungszentrum (PFZ) ab. Zehn Euro kostet die Stadt dort der Quadratmeter, dazu kommt eine monatliche Betriebskostenpauschale von 485,51 Euro. „Der Reichenauerhof hat sich schlussendlich als die beste vorübergehende Lösung erwiesen“, hielt Bürgermeister Werner Krammer (WVP) bei der Sitzung fest und verwies auf den benötigten Flächenbedarf von mindestens 300 Quadratmetern. „Wir haben dort ein großzügiges Raumangebot mit Turnsaal und großem Garten. Ein weiterer Vorteil ist, dass frisches Essen bereitgestellt werden kann“, sagte der Stadtchef. Lediglich verkehrsmäßig habe der Standort Nachteile. „Wir haben viele Möglichkeiten ins Auge gefasst, um die Kleinstkinderbetreuung zum ehest möglichen Zeitpunkt umzusetzen, aber hier in Zentrumsnähe etwas Passendes zu finden, war nicht möglich“, hielt Krammer fest.
Sogar die Möglichkeit einer Container-Lösung wurde erwogen, aus Kostengründen aber schließlich wieder verworfen. 750.000 Euro hätte die Stadt alleine der Ankauf der Container gekostet. Zusätzlich hätte man ein auf Bauland gewidmetes Grundstück benötigt sowie 50.000 Euro für ein Fundament und Investitionen in weitere Infrastrukturmaßnahmen.
Keine teuren Umbaumaßnahmen nötig
Bei einem kürzlich veranstalteten Elternabend im Rathaus, zu dem sich rund 50 Personen einfanden, wurde über die Übergangslösung im Reichenauerhof informiert. „Für uns als Stadt hat der Reichenauerhof den großen Vorteil, dass wir nicht viel Geld in Umbaumaßnahmen für eine Zwischenlösung stecken müssen“, hielt der Stadtchef fest.
Eine gute Übergangslösung sieht auch SPÖ-Stadtrat Erich Leonhartsberger. Ein Wermutstropfen sei freilich die Verkehrsanbindung. Leonhartsberger regte an, zur Entschärfung den Dorfbus in Wirts auch für den Transport zur Kinderbetreuungsstätte im Reichenauerhof zu nutzen.
Aufregung um FPÖ-Ansichten zur Kinderbetreuung
Mit seinen Ansichten zur Kinderbetreuung sorgte dann einmal mehr FPÖ-Gemeinderat Josef Gschwandegger für Diskussionen. Wie schon bei Sitzungen zuvor hielt der Freiheitliche fest, dass für seine Partei Kleinkinder zur Mutter und nicht in Betreuungseinrichtungen gehörten. Die Container-Lösung, die überlegt worden war, sei für ihn sowieso ein No-Go.

Es sei eine persönliche Entscheidung, wie man sein Kind erziehe, reagierte Grünen-Mandatar Matthias Plankenbichler scharf. „Ich würde mir wünschen, dass politische Gremien die Rahmenbedingungen schaffen und nicht für die Familien entscheiden, was sie zu tun haben“, brachte es WVP-Mandatarin Julia Sattler auf den Punkt. Dem pflichtete SPÖ-Gemeinderätin Katharina Bauer bei und wies Gschwandegger darauf hin, dass die FPÖ sich im letzten Wahlkampf auf Plakaten für mehr Kinderbetreuung ausgesprochen habe.
WVP-Stadträtin Gudrun Schindler-Rainbauer plädierte ebenfalls für ein Wahlrecht der Familien bei der Kinderbetreuung und hob hervor, wie viel Kinder in Betreuungseinrichtungen von anderen lernen würden. Dass eine Kinderbetreuungsstätte in einer Fördereinrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen wie dem Reichenauerhof im Sinne der Inklusion eine weitere große Bereicherung für alle Seiten sein könne, hielt die Stadträtin ebenfalls fest. „Mischen wir uns doch nicht in private Dinge ein“, sagte sie.
„Normalerweise reagiere ich nicht auf dich, weil wir in unseren Meinungen so stark divergieren“, meinte FUFU-Stadtrat Martin Dowalil gegenüber Gschwandegger. „Aber ich muss dein Container-Wissen etwas auffrischen.“ Der FUFU-Chef wies darauf hin, dass Container mittlerweile top-ausgerüstet vielfach im Einsatz sind und sogar Spitälern als Ausweichstandorte dienen. „Die FPÖ redet etwas daher, von dem sie keine Ahnung hat“, legte Dowalil nach. Gschwandegger habe noch keinen konstruktiven Vorschlag zur Kinderbetreuung eingebracht, schloss sich SPÖ-Chef Bahr an.
Letztendlich enthielt sich FPÖ-Mandatar Gschwandegger bei dem Tagesordnungspunkt der Stimme.